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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Prähabilitation am Beispiel der vorderen Kreuzbandruptur – ist sie kosteneffektiv?

Meeting Abstract

  • Klaudina Kwoka - FOM Hochschule Hochschulzentrum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Nina Richter - FOM Hochschule Hochschulzentrum Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Jonas Lüske - Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Annina Althaus - FOM Hochschule Hochschulzentrum Berlin, Berlin, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf306

doi: 10.3205/22dkvf306, urn:nbn:de:0183-22dkvf3060

Published: September 30, 2022

© 2022 Kwoka et al.
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Text

Hintergrund: Verletzungen des Bewegungsapparats sind häufige Ereignisse im Sport. Bedürfen Verletzungen des Bewegungsapparats im Berufssportbereich einer Behandlung, sind neben dem Berufssportler (Patient) auch die Leistungserbringer (Ärzte, Therapeuten) und Kostenträger (im Berufs- bzw. Profisport: die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, VBG) am Verfahren beteiligt. Wird eine operative Therapie notwendig, stellt die präoperative körperliche Funktionsfähigkeit einen wichtigen prognostischen Faktor in Bezug auf den Genesungsprozess dar. In den letzten Jahren hat die Prähabilitation – d.h. die präoperative Verbesserung bzw. Verstärkung der Körperfunktionen zum Erhalt einer patientenindividuell optimalen Leistungs- und Funktionsfähigkeit nach einer geplanten Operation – zunehmend an Bedeutung gewonnen.

Fragestellung und Zielsetzung: Die Prähabilitation ist weltweit bekannt, findet allerdings (noch) keine systematische Anwendung. In dieser Arbeit werden erstmalig die Auswirkungen der Prähabilitation am Beispiel der vorderen Kreuzbandruptur aus Sicht aller Beteiligten dargestellt.

Methodik: Wir führten eine systematische Literaturrecherche in PubMed und Embase durch. Um qualitativ hochstehende Artikel zu erhalten, erfolgte eine Einschränkung auf RCTs, Systemat. Reviews und/oder Metaanalysen.

Ergebnisse: Von den initialen 1.862 Artikeln mussten 1.858 ausgeschlossen werden. Nur 4 Artikel erfüllten die Einschlusskriterien. Der häufigste Ausschlussgrund war die ungenügende Qualität der Veröffentlichung.

Die Studien zeigten, dass Patienten, die eine Prähabilitation erhielten, postoperativ eine höhere Muskelkraft und besseren Funktionszustand aufwiesen sowie schneller ihr vorheriges Leistungsniveau (Return to Play) erreichen konnten.

Für die Physiotherapeuten ergab die Prähabilitation einen finanziellen Mehrwert (994.85 €), sofern die Vergütung der postoperativen Rehabilitation dadurch nicht gemindert wird.

Für den Unfallversicherungsträger bedeutete die kürzere Erholungsphase Kosteneinsparungen durch Verringerung des Verletztengeldes (14.933 € bei einer Einsparung von 8 Wochen).

Diskussion: Die Prähabilitation zeigte einen positiven Nutzen für alle Beteiligten. Sie dient dem Patienten dazu, die Funktionsfähigkeit zu verbessern und ggf. den Zeitraum bis zur Operation zu verkürzen. Für den Unfallversicherungsträger stehen den geringen Kosten der Prähabilitation Einsparmöglichkeiten gegenüber, sofern eine frühere Rückkehr zum Sport keine Folgeverletzungen nach sich zieht.

Zusammenfassend gilt es, den im Rahmen dieser Arbeit festgestellten positiven Nutzen der Prähabilitation in weiteren Arbeiten zu prüfen. Die aktuelle Studienlage reicht nicht aus, um die systematische Anwendung der Prähabilitation im deutschen Gesundheitssystem zu empfehlen.

Praktische Implikationen: Bei der Prähabilitation handelt es sich um ein vernachlässigtes Forschungsthema. Die vorliegende Arbeit stellt erstmalig ihren Nutzen für alle Beteiligten dar.

Appell für die Praxis in einem Satz: Es gilt die Aussagen in weiteren Studien zu überprüfen, ggf. auf die Patientengruppe der ambitionierten, nichtberufstätigen Sportler zu erweitern.