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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Vergleich der Perspektiven von Hausärzt:innen und Patient:innen in Bezug auf eine Anamnesesoftware anhand von Akzeptanz, Praktikabilität, und Nutzenbewertung – eine qualitative Erhebung

Meeting Abstract

  • Diana Rau - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBI), Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA), Freiburg, Deutschland
  • Lena Staab - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBI), Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA), Freiburg, Deutschland
  • Lukas M. Horstmeier - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBI), Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA), Freiburg, Deutschland
  • Thomas Kienbaum - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBI), Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA), Freiburg, Deutschland
  • Esther Schmidt - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBI), Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA), Freiburg, Deutschland
  • Erik Farin-Glattacker - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik (IMBI), Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA), Freiburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf265

doi: 10.3205/22dkvf265, urn:nbn:de:0183-22dkvf2657

Published: September 30, 2022

© 2022 Rau et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Zeitmangel und Überlastung sind gegenwärtig eine der größten Herausforderungen für die westlichen Gesundheitssysteme. EHealth Softwares könnten zur Verbesserung der Primärversorgung beitragen. Jedoch ist eine Diskrepanz zwischen dem erwarteten und empirisch gemessenen Nutzen solcher Software zu beobachten. Eine Erklärung könnte die mangelnde Berücksichtigung der Beteiligten (Patient*innen und Ärzt*innen) sein, die für eine erfolgreiche Implementierung einer eHealth Software notwendig ist.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen des Projektes wurde eine Anamnesesoftware erweitert um die automatische Auslösung von einzelnen Fragen und Fragebogen-Modulen sowie die automatische Generierung eines Fließtexts für den Arztbrief. Ziel der Studie war es, die Sichtweisen von Patient*innen und Hausärzt*innen hinsichtlich der Anamnesesoftware zu untersuchen und vergleichen. Dabei wurden Akzeptanz, Praktikabilität und Nutzenbewertung der Anamnesesoftware untersucht.

Methode oder Hypothese: In einer explorativen Studie bedienten Personen der Allgemeinbevölkerung (potenzielle Patient*innen, n=10) diese Software anhand eines ihnen zugeteilten Besuchsgrund (z.B. Husten). Die softwaregenerierten Ergebnisse wurden dann Hausärzt*innen (n=10) vorgelegt. Es fanden leitfadengestützte Interviews mit allen Teilnehmenden statt, die mittels Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet wurden.

Ergebnisse: Es gibt Übereinstimmungen und Unterschiede hinsichtlich der Akzeptanz, der wahrgenommenen Praktikabilität und der Nutzenbewertung der Anamnesesoftware durch Patient*innen und Hausärzt*innen. Generell besteht eine hohe Nutzenbereitschaft der Software. Außerdem gehen die meisten Patient*innen (n=19) davon aus, dass diese Software die Informiertheit der Ärzt*innen erhöht. U.a. dadurch sind die Patient*innen (n=12) und die Ärzt*innen (n=10) der Meinung, dass ein positiver Einfluss auf das Behandlungsgespräch entsteht. Meinungsunterschiede zwischen beiden Gruppen gab es z.B. in Bezug darauf, dass Patient*innen wünschten, Ärzt*innen würden die erhobenen Daten aus der Software bereits vor dem Gespräch sichten. Wohingegen viele Ärzt*innen erst während dem Termin Zeit dafür haben.

Diskussion: Patient*innen und Ärzt*innen äußern eine Offenheit gegenüber neuen eHealth Softwares. Wichtige Faktoren für die Akzeptanz auf Patient*innenseite stimmen jedoch nicht immer mit der Nutzung der Anamnesesoftware durch die Ärzt*innen überein (z.B. der Wunsch der Ergebnissichtung bereits vor dem Arzttermin).

Praktische Implikationen: Die Akzeptanz von eHealth Softwares unter Patient*innen steigt voraussichtlich, wenn sich Hausärzt*innen an der Erwartungshaltung der Patient*innen orientieren und ihre Befürchtungen, wie z.B. die Angst vor dem Verlust des persönlichen Kontakts, ernst nehmen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Da die Patient*innen- und Ärzt*innensicht gegenüber eHealth Softwares teils differieren, scheinen Studien an verschiedenen Nutzer*innen-Gruppen erforderlich, um ein tieferes Verständnis für die individuelle Handlungsorientierung aller Beteiligten zu erreichen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01│S19046B