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Auswirkungen der Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) auf das pflegerische Team
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Published: | September 30, 2022 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Schwangere und Neugeborene mit bestimmten Risikokonstellationen benötigen eine spezialisierte intensivmedizinische Versorgung in sogenannten Perinatalzentren. An diese Zentren werden hohe strukturelle Anforderungen gestellt, um eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Jene Anforderungen werden u. a. in der Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) geregelt. Eine zentrale Vorgabe sind die Eins-zu-Eins-Pflegepersonalschlüssel für intensivtherapiepflichtige und Eins-zu-Zwei-Pflegepersonalschlüssel für intensivüberwachungspflichtige Frühgeborene unter 1.500 Gramm Geburtsgewicht. Aus der Erfüllung der Personalschlüssel resultiert eine nicht zu vernachlässigende Vergrößerung des Stationsteams. Eine zunehmende Teamgröße kann jedoch das Teamgefüge und die Teamleistung beeinflussen.
Fragestellung und Zielsetzung: Ziel ist es, die Wahrnehmungen von Pflegekräften hinsichtlich der veränderten Teamkonstellationen und deren Auswirkungen auf die täglichen Arbeitsprozesse zu erheben. Die Forschungsfrage lautet: Wie wirken sich die personellen Vorgaben der QFR-RL des Gemeinsamen Bundesausschusses auf die tägliche Arbeit des pflegerischen Teams aus?
Methode oder Hypothese: Es wurden neun leitfadengestützte Experteninterviews mit Pflegekräften eines Perinatalzentrums der höchsten Versorgungsstufe geführt. Die Auswertung erfolgte nach der zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse mithilfe der induktiven Kategorienbildung nach Mayring (2015).
Ergebnisse: Trotz wahrgenommener gestiegener Teamgröße ist die Zusammenarbeit kollegial und unterstützend. Dennoch kommt es vermehrt zur Gruppenbildung und es ergibt sich eine große Spanne an Altersgruppen, Qualifizierungs- und Erfahrungslevel. Zudem ist das Konfliktpotenzial mit zunehmender Teamgröße nicht außer Acht zu lassen. Besonders positiv bewertet wird jedoch der Zugewinn an Zeit für die Patientenversorgung und Elternbetreuung.
Diskussion: Die Interviewergebnisse bestätigen weitgehend wissenschaftliche Erkenntnisse zu möglichen Folgen einer zunehmenden Teamgröße auf das Teamgefüge. Auch wenn mit steigender Teamgröße positive Effekte auf die Koordination im Team sowie die Patientenbetreuung zu verzeichnen sind, ergeben sich gleichzeitig Herausforderungen in Form einer verstärkten Gruppenbildung und eines höheren Konfliktpotentials bei der Umsetzung der Vorgaben zum Pflegepersonalschlüssel.
Praktische Implikationen: Auf Basis der Ergebnisse ist ein nicht zu vernachlässigender Einfluss auf die tägliche pflegerische Arbeit und die Teamstrukturen zu verzeichnen.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die Durchführung multizentrischer Studien in Perinatalzentren ist essenziell für die Eröffnung weiterer Perspektiven hinsichtlich optimaler Teamgröße und Teamleitungsstrukturen im Kontext der neonatologischen Intensivtherapiestationen.