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Einsatz von Machine Learning zur Identifikation von Determinanten und zur Verbesserung des Rehabilitationserfolgs bei chronisch unspezifischen Rückenschmerzen
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Published: | September 30, 2022 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Chronisch unspezifischer Rückenschmerz ist für eine hohe Anzahl krankheitsbedingter Arbeitsausfallzeiten (AU) verantwortlich und mit massiven Einschränkungen der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Betroffenen verbunden. Rehabilitationsmaßnahmen können entweder ambulant oder stationär durchgeführt werden. Mit mind. 450 Min/Woche sind Sport- und Bewegungstherapie die dominierende Leistung im Rahmen der medizinischen Rehabilitation. Zur Stabilisierung des Rehabilitationserfolgs kann im Anschluss an die medizinische Rehabilitation eine ärztlich verordnete Nachsorge in Anspruch genommen werden.
Fragestellung und Zielsetzung: Es sollen Determinanten identifiziert werden, die einen Reha-Erfolg, definiert als die Verhinderung eines erneuten Reha-Ereignisses, bestmöglich voraussagen. Es wird erwartet, dass Personen, die an einem bewegungstherapeutischen Nachsorgeprogramm teilnehmen geringere Raten eines erneuten Reha-Ereignisses aufweisen.
Methode: Die Analysen wurden mit dem Scientific Use File (SUF) „Abgeschlossene Rehabilitationen 2012–2019“ der Deutschen Rentenversicherung (DRV) durchgeführt. In die Analyse wurden alle Rehabilitanden mit der Diagnose chronisch unspezifischer Rückenschmerz (ICD M54.5) als Erstbehandlungsdiagnose und einer regulär beendeten Anschlussrehabilitation bzw. Heilverfahren eingeschlossen. Zur Prädiktion eines Rehabilitationserfolgs wurden Verfahren des maschinellen Lernens (R Package caret) angewandt (Random Forest & Gradient Boosting). Die Determinanten wurden zunächst an einem Subsample von 70% des Datensatzes (Training Set) ermittelt und an den verbleibenden 30% des Datensatzes überprüft (Test Set).
Ergebnisse: Insgesamt wurden 154.167 Personen in die Analyse eingeschlossen. Das Modell weist eine Präzision (Accuracy) von 95,8% auf. Als wichtigste unbeeinflussbare Prädiktoren eines erneuten Reha-Ereignisses konnten das Alter (u-förmig), die Länge der AU-Zeiten vor Reha-Eintritt (linear positiv), und das Geschlecht (w) identifiziert werden. Als beeinflussbare Prädiktoren waren ambulante Rehaleistungen und Personen, die eine Empfehlung für eine bewegungstherapeutische Nachsorge (Rehasport, Funktionsgymnastik, IRENA, T-RENA) erhielten, diese jedoch nicht in Anspruch nahmen, mit höheren Raten für ein erneutes Reha-Ereignis verbunden.
Diskussion: Unter der Anwendung von Verfahren des maschinellen Lernens konnte anhand einer großen Datenmenge für Versicherte der DRV gezeigt werden, dass stationäre Rehamaßnahmen bei chronisch unspezifischem Rückenschmerz besser geeignet sind ein erneutes Reha-Ereignis zu verhindern als ambulante Maßnahmen. Personen, die eine ärztliche Empfehlung zur bewegungstherapeutischen Nachsorge erhalten, sollten bestmöglich darin unterstützt werden, diese auch umzusetzen, um ein erneutes Reha-Ereignis zu vermeiden.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Es sollten Versorgungspfade für eine individuelle und sektorenübergreifende Versorgung von Personen mit chronisch unspezifischem Rückenschmerz entwickelt werden.