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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Wirksamkeit eines telemedizinisch-geführten Heimtrainingsprogramms mit telefonischem Gesundheitscoaching und intensivierter hausärztlicher Betreuung bei Claudicatio intermittens (TeGeCoach)

Meeting Abstract

  • Farhad Rezvani - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Dirk Heider - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Martin Härter - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Hans-Helmut König - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Lutz Herbarth - Kaufmännische Krankenkasse – KKH, Hannover, Deutschland
  • Patrick Steinisch - Kaufmännische Krankenkasse – KKH, Hannover, Deutschland
  • Jörg Dirmaier - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf237

doi: 10.3205/22dkvf237, urn:nbn:de:0183-22dkvf2373

Published: September 30, 2022

© 2022 Rezvani et al.
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Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die periphere arterielle Verschlusserkrankung (pAVK) ist weltweit die dritthäufigste Herz-Kreislauf-Erkrankung. Das Hauptsymptom ist die Claudicatio intermittens (CI), ein Schmerz in den Beinen, der durch eine unzureichende Durchblutung bei Belastung verursacht wird. Angeleitete Trainingsprogramme sind laut Leitlinie die erste Wahl bei Behandlung der CI. Ihre Verwendung wird jedoch durch anfallende Kosten, mangelnde Verfügbarkeit und fehlende Trainingsadhärenz erschwert.

Fragestellung und Zielsetzung: In Anbetracht dieser Versorgungsbarrieren untersuchte diese vom Innovationsfonds unterstützte Studie (01NVF17013) unter natürlichen Bedingungen die klinische Wirksamkeit von TeGeCoach, einem zwölfmonatigen telemedizinisch geführten Heimtrainingsprogramm mit telefonischem Gesundheitscoaching und intensivierter hausärztlicher Betreuung. Gleichzeitig wurde eine Kostenanalyse durchgeführt.

Methode: Randomisierte, kontrollierte, zweiarmige Überlegenheitsstudie mit 1.982 Patient:innen im Parallelgruppendesign, durchgeführt in drei Krankenkassen (Kaufmännische Krankenkasse, Techniker Krankenkasse, mhplus). Die Effekte von TeGeCoach wurden mit der Routineversorgung unter Verwendung gemischter Modelle nach dem Intention-to-treat-Prinzip über drei Messzeitpunkte (Baseline, 12 & 24 Monate) verglichen. Als primäre Zielgröße wurde der Walking Impairment Questionnaire zur Messung der subjektiven Gehbeeinträchtigung herangezogen. Sekundäre Endpunkte umfassten unter anderem die Lebensqualität und die Patient:innenaktivierung.

Ergebnisse: Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der Veränderung der subjektiven Gehbeeinträchtigung nach 12 Monaten zugunsten der Interventionsgruppe [t = 6.19, p < .0001, d = 0.26]. Nach 24 Monaten konnte ein leichter Rückgang der erreichten Verbesserung beobachtet werden [t = 4.34, p < .0001, d = 0.19]. Bei den sekundären Endpunkten ließen sich u.a. positive Effekte auf die körperliche und pAVK-spezifische Lebensqualität sowie hinsichtlich der Patient:innenaktivierung nachweisen. Programmteilnehmende nahmen TeGeCoach sehr gut an (83.1% schlossen Programm ab) und bewerteten dieses mit einer hohen Zufriedenheit. Die Gesamtkosten für medizinische Leistungen sanken in der Interventionsgruppe nach 12 Monaten um 982 €/Person und nach 24 Monaten um 584 €/Person, wobei diese Gruppenunterschiede nicht signifikant waren.

Diskussion: Die Ergebnisse belegen, dass TeGeCoach für die Behandlung von CI bei pAVK-Patient:innen geeignet ist. Ungeachtet der fehlenden signifikanten Ergebnisse in den Kostenanalysen sind die Kostenreduktionen im Hinblick auf eine mögliche Implementierung in die Routineversorgung als ein relevanter Kennwert zu berücksichtigen.

Praktische Implikationen: TeGeCoach stellt einen Versorgungsansatz dar, den aktuellen Herausforderungen in Bezug auf die Unterversorgung von pAVK-Patient:innen durch Telemedizin zu begegnen und möglicherweise gleichzeitig Einsparungen für das Gesundheitssystem zu erzielen.

Appell für die Versorgungspraxis: Die Sicherstellung einer hohen Trainingsadhärenz durch eine engmaschige Betreuung ist für den Therapieerfolg unerlässlich.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF17013