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Wie wirken Notfallsituationen nach? Retrospektive Bewertung der Akutversorgung und longitudinale Versorgungs-Trends bei Notaufnahmepatient*innen aus einer multizentrischen Berliner Kohorte
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Published: | September 30, 2022 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: In der internationalen Forschung zur Inanspruchnahme von Notaufnahmen wird vergleichsweise selten ein longitudinaler Ansatz verfolgt. Insbesondere existieren nur sehr wenige quantitative Follow-up-Studien zu den Nachwirkungen der Notfallsituation und zum nachfolgenden Versorgungsgeschehen.
Fragestellung und Zielsetzung: Es sollte untersucht werden, wie nach einer Notaufnahmekonsultation die Akutsituation und -versorgung rückblickend bewertet wird, wie sich die gesundheitliche und psychische Situation im Zeitverlauf entwickelt, und ob sich die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen nach einem Notaufnahmebesuch verändert.
Methode oder Hypothese: Follow-up Survey drei Monate nach einer Notaufnahmekonsultation aufgrund respiratorischer Symptome. Longitudinale Daten lagen für n=329 Patient*innen aus der multizentrischen EMACROSS-Kohorte (EMANet-Netzwerk) vor. Es wurden Zufriedenheit, Notwendigkeit, und subjektiver Nutzen bezogen auf die Akutversorgung, sowie die Inanspruchnahme vor und nach dem Ereignis untersucht, außerdem psychische Gesundheit (PHQ-4), allgemeine Gesundheit und Lebenszufriedenheit im Zeitverlauf.
Ergebnisse: Die retrospektive Zufriedenheit mit der Versorgung ist hoch und unterscheidet sich nicht von der situationsassoziierten Bewertung. Ebenso zeigen sich keine longitudinalen Veränderungen hinsichtlich der Beurteilung der Notwendigkeit einer Notaufnahmevorstellung vs. einer hausärztlichen Behandlung. Dagegen verbessert sich die Bewertung der eignen allgemeinen gesundheitlichen Situation im Zeitverlauf ebenso wie Angst und Depressivität. Der Nutzen der Notaufnahmeversorgung wird von männlichen Patienten, schwerer erkrankten Personen, und Selbst-Einweiser*innen als höher bewertet (multivariates logistisches Modell). Die Inanspruchnahme hausärztlicher und pneumologischer Leistungserbringer*innen im ambulanten Bereich sowie stationäre Aufenthalte steigen nach dem Ereignis signifikant an.
Diskussion: Die Patient*innenzufriedenheit sowie die Bewertung der Notwendigkeit einer Behandlung im Notaufnahmesetting sind längerfristig auch nach Überwindung der Akutsituation stabil. Mit dem akuten Notfallerleben assoziierte Belastungen scheinen die Bewertung der Versorgungssituation somit nur gering zu beeinflussen. Der Nutzen der Versorgung wird von bestimmten Gruppen als höher eingeschätzt, hierbei ist besonders der Geschlechterunterschied von potenzieller Relevanz.
Praktische Implikationen: Das Abklingen akuter situativer Belastungen einer respiratorischen Notfallsituation wirkt sich wenig auf die Beurteilung der Notfallversorgung aus, jedoch wirken Notaufnahmebesuche im Versorgungsgeschehen nach und es werden mehr Gesundheitsleistungen nachgefragt.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die Hinweise auf eine mögliche Versorgungslücke bei Frauen sollten weitergehen wissenschaftlich untersucht werden.
Förderung: BMBF-Strukturförderung Versorgungsforschung; 01GY1604 und 01GY1914
Literatur
- 1.
- Holzinger F, Oslislo S, Kümpel L, Resendiz Cantu R, Möckel M, Heintze C. Emergency department consultations for respiratory symptoms revisited: exploratory investigation of longitudinal trends in patients' perspective on care, health care utilization, and general and mental health, from a multicenter study in Berlin, Germany. BMC Health Serv Res. 2022 Feb 10;22(1):169. doi: 10.1186/s12913-022-07591-5
- 2.
- Holzinger F, Oslislo S, Möckel M, Schenk L, Pigorsch M, Heintze C. Self-referred walk-in patients in the emergency department - who and why? Consultation determinants in a multicenter study of respiratory patients in Berlin, Germany. BMC Health Serv Res. 2020 Sep 10;20(1):848. DOI: 10.1186/s12913-020-05689-2