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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Usability-Testung einer App zur Steigerung der körperlichen Aktivität unter Verwendung der Think-aloud-Methode

Meeting Abstract

  • Tillmann Fischer - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Klinik III, Prävention und Versorgung des Diabetes, Dresden, Deutschland
  • Gesine Reinhardt - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Klinik III, Prävention und Versorgung des Diabetes, Dresden, Deutschland
  • Paul Stumpf - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Klinik III, Prävention und Versorgung des Diabetes, Dresden, Deutschland
  • Peter Schwarz - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Klinik III, Prävention und Versorgung des Diabetes, Dresden, Deutschland
  • Lorenz Harst - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Zweigstelle am Medizincampus Chemnitz, Dresden, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf220

doi: 10.3205/22dkvf220, urn:nbn:de:0183-22dkvf2201

Published: September 30, 2022

© 2022 Fischer et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Geringe körperliche Aktivität ist ein Risikofaktor für chronische Erkrankungen wie Diabetes oder koronare Herzerkrankungen.

Die Wirksamkeit von Apps zur Steigerung körperlicher Aktivität ist vor allem dann nachgewiesen, wenn sie gemeinsam mit potentiellen Nutzer:innen entwickelt wurden, da ein solches partizipatives Design die Akzeptanz und kontinuierliche Nutzung unterstützt. Ein zentrales Kriterium für die Akzeptanz ist die einfache Bedienbarkeit (Usability) einer Anwendung.

Die videobasierte App „VIDEA bewegt“ (Entwicklung finanziert durch die AOK PLUS) verbindet Wissensvermittlung mit niedrigschwelligen Übungen zur Steigerung der körperlichen Aktivität.

Fragestellung und Zielsetzung: Es sollten die Usability ebenso wie die Inhalte des ersten Prototypen der App „VIDEA bewegt“ gemeinsam mit potentiellen Nutzer:innen evaluiert werden, um daraus Verbesserungspotentiale für das App-Design abzuleiten.

Methode: Es wurde die Think-aloud-Methode mit 10 Teilnehmer:innen angewendet, die im Rahmen eines 20–30-minütigen Interviews gebeten wurden, ihre Eindrücke der erstmaligen Nutzung der App zu schildern, wobei ein besonderer Fokus auf störende Elementen und auftretenden Problemen, sowie auf positiv bewerteten Komponenten lag. Um den Prozess zu standardisieren, wurden in einem Leitfaden sechs Aufgaben vorgegeben, die die Teilnehmer:innen innerhalb der App zu erfüllen hatten. Der Leitfaden enthielt zudem Nachfragen, um die Redebereitschaft zu erhöhen.

Die Interviews ebenso wie die App-Nutzung wurden auf dem für die Testung verwendeten Smartphone aufgezeichnet und im Nachgang transkribiert. Die Transkripte wurden anhand Mayerings qualitativer Inhaltsanalyse teils deduktiv entlang der definierten Aufgaben, teils induktiv ausgewertet.

Ergebnisse: Die Teilnehmer:innen artikulierten als Schwächen der App:

  • eine fehlende Einführung in ihre Ziele und Gesamtstruktur,
  • das aufwändige Onboarding inkl. Angabe persönlicher Daten und Bezahlmodalitäten,
  • das wenig natürliche Auftreten des Präsentators in den theoretischen Videos,
  • die Länge der Bewegungsvideos und deren Erkennbarkeit auf kleinen Smartphone-Bildschirmen,
  • die fehlende Begründung für das Tracking von täglichen Aktivitäten und fehlende Auswahloptionen,
  • die nicht intuitiv bedienbare Chat-Funktion,
  • die teilweise stockende Reaktion der App auf Eingaben.

Text-, Bild- und Videoqualität wurden ebenso positiv bewertet wie die allgemeine Navigierbarkeit der App und die Übungen innerhalb der Bewegungsvideos.

Diskussion: Die Teilnehmer:innen gaben an, die App im Alltag nutzen zu wollen, sofern die technischen und inhaltlichen Schwächen ausgeräumt würden. Damit belegen die Ergebnisse der Studie die Bedeutung des Nutzer:inneneinbezugs in die Entwicklung digitaler Gesundheitsanwendungen.

Praktische Implikationen: Think-aloud-tests ermöglichen die Ableitung von Verbesserungen für digitale Gesundheitsanwendungen und dadurch die Steigerung der Akzeptanz.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Nutzer:innen sollten spätestens in der Prototypen-Phase in die Entwicklung einer digitalen Gesundheitsanwendung einbezogen werden.

Förderung: Sonstige Förderung; App-Entwicklung gefördert durch die AOK plus