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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Wie wird die besonders qualifizierte und koordinierte palliativmedizinische Versorgung seit der Einführung in 2017 in der hausärztlichen Versorgungspraxis genutzt? Eine Analyse mit Routinedaten

Meeting Abstract

  • Melissa Hemmerling - AOK Niedersachsen, Stabsbereich Versorgungsforschung, Hannover, Deutschland
  • Sabrina Schütte - AOK Niedersachsen, Stabsbereich Versorgungsforschung, Hannover, Deutschland
  • Katharina van Baal - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin, Hannover, Deutschland
  • Stephanie Stiel - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin, Hannover, Deutschland
  • Jona Theodor Stahmeyer - AOK Niedersachsen, Stabsbereich Versorgungsforschung, Hannover, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf150

doi: 10.3205/22dkvf150, urn:nbn:de:0183-22dkvf1502

Published: September 30, 2022

© 2022 Hemmerling et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Um die ambulante Palliativversorgung weiter auszubauen, wurde im Jahr 2017 die besonders qualifizierte und koordinierte palliativmedizinische Versorgung (BQKPMV) nach § 87 Abs. 1b SGB V eingeführt. Sie soll als Zwischenstufe zwischen der allgemeinen und der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (AAPV/ SAPV) dienen. BQKPMV kann seit dem 4. Quartal 2017 abgerechnet werden und Ärztinnen und Ärzte müssen besondere Qualifizierungsanforderungen erfüllen, um die BQKPMV abrechnen zu dürfen. Bisher ist nicht bekannt, inwiefern die BQKPMV in der hausärztlichen Versorgungspraxis genutzt wird.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Analyse ist zu untersuchen, wie viele Hausärztinnen und Hausärzte Leistungen der ambulanten Palliativversorgung erbringen und wie sich die Anzahl der Hausärztinnen und Hausärzte, die die BQKPMV abrechnen, seit der Einführung im Jahr 2017 entwickelt hat.

Methode oder Hypothese: Die Untersuchung erfolgte auf Basis von Routinedaten einer gesetzlichen Krankenversicherung. In einer Querschnittsanalyse wurden niedergelassene Hausärztinnen und Hausärzte aus Niedersachsen, die im Jahr 2020 mit der Krankenversicherung abgerechnet haben, selektiert. Für diese Ärztinnen und Ärzte wurde untersucht, ob Abrechnungsziffern entsprechend des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) für ambulante Palliativleistungen der BQKPMV sowie ergänzend für die AAPV oder für SAPV-Verordnungen abgerechnet wurden.

Zusätzlich wurde in einer Längsschnittanalyse die Anzahl der Hausärztinnen und Hausärzte analysiert, die zwischen 2017 und 2020 Ziffern der BQKPMV abgerechnet haben.

Ergebnisse: Insgesamt haben im Jahr 2020 5.436 Hausärztinnen und Hausärzte aus Niedersachsen mit der Krankenkasse abgerechnet. Davon haben n= 3.725 (69%) Ziffern der ambulanten Palliativversorgung abgerechnet. Ziffern der BQKPMV wurden von n= 399 (7%) und Leistungen der AAPV von n= 3.047 Ärztinnen und Ärzten (56%) abgerechnet. SAPV wurde von 2.112 Ärztinnen und Ärzten (39%) verordnet.

Die Anzahl der Hausärztinnen und Hausärzte, die seit 2017 Abrechnungsziffern der BQKPMV genutzt haben, ist im Laufe der Jahre leicht angestiegen (4.Quartal 2017: 154; 4.Quartal 2018: 200; 4.Quartal 2019: 220; 4. Quartal 2020: 264).

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die BQKPMV im Vergleich zur AAPV und SAPV von wenigen Hausärztinnen und Hausärzten erbracht wird. Die Leistung wird zwar seit der Einführung in 2017 genutzt, allerdings steigt die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte, die BQKPMV erbringen, bis zum Jahr 2020 nur leicht an. Bisher liegt noch keine Bedarfsschätzung für die BQKPMV vor. Ergebnisse anderer Studien vor Einführung der BQKPMV zeigen, dass der Bedarf an insbesondere AAPV noch nicht gedeckt ist.

Praktische Implikationen: Ziele und Möglichkeiten der BQKPMV insbesondere in Abgrenzung zur AAPV und SAPV könnten den Ärztinnen und Ärzten anhand von Informationskampagnen oder Schulungen verstärkt nähergebracht werden.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: In weiteren Untersuchungen sollte der Frage nachgegangen werden, warum Hausärztinnen und Hausärzte die BQKPMV vergleichsweise selten erbringen und inwiefern die Anforderungen der BQKPMV an abrechnende Ärztinnen und Ärzte einer praxisnahen Weiterentwicklung bedürfen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF20028