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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Wann, wie und warum gehen Ärzt*innen in den Ruhestand? Befunde einer qualitativen Interviewstudie

Meeting Abstract

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  • Khira Sippli - Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf129

doi: 10.3205/22dkvf129, urn:nbn:de:0183-22dkvf1297

Published: September 30, 2022

© 2022 Sippli.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Überalterung der Ärzteschaft wirkt sich in den nächsten Jahren zunehmend auf die Versorgungssituation in Deutschland aus: mehr Ärzt*innen werden in den Ruhestand gehen (können) als neue Ärzt*innen ihre Tätigkeit beginnen. Studien dazu wann, warum und wie Ärzt*innen in den Ruhestand gehen gibt es für den englischsprachigen Raum, nicht aber für Deutschland.

Fragestellung: In dieser Studie wurde untersucht a) wann und warum Ärzt*innen in den Ruhestand gehen und b) wie Ärzt*innen den Übergang von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand gestalten.

Methode: In 2021 wurden 12 explorative, leitfadengestützte Interviews mit Ärzt*innen geführt und mit der inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse: Die Interviewpersonen begründen ihren Eintritt in den Ruhestand individuell unterschiedlich. Die hohe Arbeitsbelastung im Berufsleben, die Unzufriedenheit mit den Rahmenbedingungen (Bürokratie, Vorgaben der KV, Zusatzdienste), der Gesundheitszustand sowie der Wunsch nach Zeit für private Interessen werden mehrfach als Gründe für den Wunsch in den Ruhestand zu gehen genannt. Bei der Festlegung des Zeitpunkts für den Ruhestand orientieren sich Ärzt*innen am Regelalter für den Rentenbezug und beabsichtigen zeitnah zu diesem in den Ruhestand zu gehen. Mehrere Ärzt*innen äußern die Präferenz, stufenweise aus dem Erwerbsleben auszusteigen und ihre Arbeitszeit vor dem Ruhestand zu reduzieren. Ihre Pläne passen viele Ärzt*innen aus verschiedenen Gründen kurzfristig an. Aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Vereinbarungen mit Nachfolger*innen gehen Ärzt*innen teils früher in den Ruhestand als geplant; aus finanziellen Gründen, wegen Problemen eine/n Nachfolger*in zu finden oder wegen der Freude am Beruf teils auch deutlich später.

Diskussion: Die Interviews zeigen, dass viele Ärzt*innen zu einer Erwerbstätigkeit bis zum Regelalter und auch darüber hinaus bereit sind sofern die Rahmenbedingungen für sie passen. Für niedergelassene Ärzt*innen ist der Übergang in den Ruhestand aufgrund der schwierigen Nachfolgersuche mitunter schwer planbar und erfordert hohe Flexibilität. Traditionelle Modelle der Praxisabgabe sind verbreitet.

Praktische Implikationen: Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Rentenalter, z.B. durch die Befreiung von Nacht- und Notdiensten, könnte Ärzt*innen zu einer längeren Erwerbstätigkeit motivieren und die Versorgungssituation positiv beeinflussen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Dem Übergang von Ärzt*innen in den Ruhestand sollte höhere Aufmerksamkeit in der Versorgungsforschung zukommen.

Förderung: Sonstige Förderung