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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Körperliche Aktivität im Krankenhaus – Perspektiven von Pflegenden und Ärzt*innen auf das Aktivitätsverhalten ihrer Patient*innen

Meeting Abstract

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  • Lena Frenz - Universitätsklinikum Münster, Zentrale Einrichtung Therapeutische Gesundheitsberufe, Münster, Deutschland
  • Frauke Koppelin - Jade Hochschule Oldenburg, Fachbereich Bauwesen Geoinformation Gesundheitstechnologie, Technik und Gesundheit für Menschen, Oldenburg, Deutschland
  • Imke Aits - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Allgemeinmedizin, Oldenburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf002

doi: 10.3205/22dkvf002, urn:nbn:de:0183-22dkvf0028

Published: September 30, 2022

© 2022 Frenz et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die körperliche Inaktivität von Patient*innen im Rahmen stationärer Krankenhausaufenthalte stellt ein verbreitetes Problem dar. Beispiele für negative Effekte sind der Verlust an Selbstständigkeit, das Auftreten medizinischer Komplikationen und verlängerte Liegezeiten. Die Evidenz zeigt auf, dass „Hospital-Mobility-Programme“ effektive Interventionen darstellen, um diesem Phänomen entgegenzuwirken.

Fragestellung und Zielsetzung: Das vorliegende Projekt beschäftigt sich mit den Perspektiven von Pflegenden und Ärzt*innen auf die körperliche Aktivität ihrer Patient*innen. Damit wird neben der settingspezifischen Analyse von Einflussfaktoren auf das Aktivitätsverhalten auch das Ziel eines tiefergehenden Verständnisses des Phänomens körperlicher Inaktivität im Krankenhaus verfolgt.

Methode oder Hypothese: Im Zuge eines qualitativ-explorativen Vorgehens wurden anhand leitfadengestützter Expert*inneninterviews die Perspektiven von Pflegenden und Ärzt*innen eines deutschen Universitätsklinikums untersucht. Dafür wurden je vier Pflegende und vier Oberärzt*innen aus unterschiedlichen Fachbereichen rekrutiert. Die Interviews wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz und mit Hilfe von MAXQDA ausgewertet.

Ergebnisse: Die Untersuchung gewährt Einblicke in das Aktivitätsverhalten von Patient*innen und in das Engagement der Berufsgruppen im Feld der Aktivitätsförderung. Die Aussagen der Expert*innen verdeutlichen die Vielschichtigkeit von Faktoren und Mechanismen, welche die körperliche Aktivität beeinflussen. Handlungsbedarfe werden v.a. in Bezug auf Awareness und aktivitätsbezogene Einstellungen der Patient*innen sichtbar. Deutlich wird auch die Notwendigkeit einer aktivitätsförderlichen Ausrichtung klinischer Prozesse und Kommunikationsstrukturen sowie einer aktivierenden Umgebungsgestaltung. Ressourcen bestehen in der positiven Haltung der Versorger*innen zur Thematik sowie in vorhandenen Beispielen für gelungene Ansätze zur Aktivitätsförderung im Versorgungsalltag.

Diskussion: Die Ergebnisse werden durch subjektive Definitionen und Erwartungen der Expert*innen an körperliche Aktivität beeinflusst. Deutlich werden Diskrepanzen zwischen dem formulierten Stellenwert körperlicher Aktivität und dem Versorgungsalltag. Diese deuten auf das Fehlen einer tiefgreifenden Aktivitätskultur hin. Zur Schaffung einer aktivitätsförderlichen Kultur ist die kritische Hinterfragung des gegenwärtigen Versorgungsalltags nötig.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen Handlungsbedarfe zur Schaffung einer Aktivitätskultur am untersuchten Klinikum auf und bilden die Grundlage für eine maßgeschneiderte Interventionskonzeption. Zur Entwicklung zielführender Konzepte erfordert weitere Forschung unter Einbezug objektiver Messungen sowie Patient*innenperspektive.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Zur Sicherstellung einer effektiven und effizienten Versorgung im akutklinischen Kontext sollten zukünftig Aspekte der Gesundheitsförderung vermehrt in den Blick genommen und mit zielgerichteten Interventionen adressiert werden.