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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Systematisches Review zum Einsatz von digitalen spielbasierten Interventionen für Patient*innen mit Typ-2-Diabetes

Meeting Abstract

  • Linda Ossenbrink - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Deutschland
  • Patrick Timpel - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Deutschland; Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Prävention und Versorgung des Diabetes, Dresden, Deutschland
  • Olaf Schoffer - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Deutschland
  • Jochen Schmitt - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Deutschland
  • Lorenz Harst - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf472

doi: 10.3205/21dkvf472, urn:nbn:de:0183-21dkvf4723

Published: September 27, 2021

© 2021 Ossenbrink et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: In Deutschland sind ca. 6,9 Millionen Menschen an Typ II Diabetes erkrankt.

Das Diabetes-Selbstmanagement (DSM) ist ein essentieller Bestandteil der Therapie und umfasst das kontinuierliche Monitoring des Langzeitblutzuckerwerts (HbA1c) und eine Modifikation des Lebensstils.

Erste Studien belegen die Wirksamkeit digitaler spielbasierter Interventionen zur Steigerung der Adhärenz im DSM und insb. bei der Aufrechterhaltung eines Trainingsregimes (sog. Exergames) bei Typ I-Diabetiker*innen.

Für die Wirksamkeit spielbasierter Interventionen für das DSM bei Typ II-Diabetes fehlt bisher ein systematischer Wirksamkeitsnachweis.

Fragestellung und Zielsetzung: Durch das vorliegende Systematic Review sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden:

1.
Können digitale spielbasierte Ansätze das Gesundheitsverhalten von Patient*innen mit Diabetes mellitus Typ-2 beeinflussen?
2.
Kann anhand klinischer Parameter und Patient-Reported Outcomes (PROMs) ein Effekt digitaler spielbasierter Interventionen für Patient*innen mit Typ-2-Diabetes nachgewiesen werden?

Methode: Es wurde eine elektronische Suche in PubMed und PsycINFO (bis April 2020) durchgeführt und um eine Handsuche ergänzt. Es wurden RCTs und nicht-randomisierte Interventionsstudien eingeschlossen, in denen die Wirksamkeit digitaler spielbasierter Interventionen im Vergleich zu anderen digitalen Interventionen oder analoger Regelversorgung anhand klinischer (HbA1c, BMI etc.) und Patient-Reported Outcomes (Lebensqualität, Patient Empowerment etc.) untersucht wurde. Studienselektion und Qualitätsbewertung erfolgten durch zwei Forschende parallel und unabhängig.

Ergebnisse: Von initial 1.643 Treffern waren nach Ausschluss von Duplikaten, Title/Abstract- und Volltext-Screening 9 RCTs (n=1.325 Proband*innen) und 1 Kohortenstudie (n=25 Proband*innen) für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant. Die Studiendauer reichte von 4 bis 48 Wochen (Kohortenstudie: 24 Wochen). Es wurden 6 Exergames zur Bewegungsförderung und 4 spielbasierte Schulungen für DSM untersucht. Es zeigten sich positive Effekte auf den HbA1c-Wert (n=5), sowie auf Gewicht, BMI, aerobe Kapazitäten und Laktatwerte (jew. n=1). Zudem erhöhte sich in 3 Studien die körperliche Aktivität.

3 von 9 RCTs zeigten ein geringes, 2 ein unklares und 4 ein hohes Verzerrungspotential. Die Kohortenstudie zeigte Mängel aufgrund uneinheitlicher Messzeitpunkte und zu geringer Stichprobengröße.

Diskussion: Die Heterogenität der eingeschlossenen Interventionstypen erschwert eine globale Bewertung der Wirksamkeit spielbasierter Anwendungen für das DSM.

Praktische Implikationen: Dennoch legen die vorliegenden Daten zur Wirksamkeit nahe, dass digitale spielbasierte Ansätze das Potenzial haben, Verhaltensweisen und damit auch klinische Parameter von Typ II-Diabetiker*innen zu verbessern.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Zukünftige Forschung sollte untersuchen, welche Spielmechanismen bei welcher Zielgruppe Effekte erzielen. Nur daraus wird sich ableiten, lassen ob spielbasierte Anwendungen eigenständige oder komplementäre Maßnahmen des DSM sein können.