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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Gesundheitsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)

Meeting Abstract

  • Stefanie Gillitzer - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Annabell Duda - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Christine Thienel - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Claudia Hornberg - Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät, Bielefeld, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf462

doi: 10.3205/21dkvf462, urn:nbn:de:0183-21dkvf4620

Published: September 27, 2021

© 2021 Gillitzer et al.
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Text

Hintergrund und Stand der (inter)nationalen Forschung: Der Art. 2 des Präventionsgesetzes sieht eine Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung vor, die nach § 20 SGB V in den Lebenswelten erfolgen soll. Das vorgestellte Modellvorhaben befasst sich mit Gesundheitsförderung in WfbM, die ein wichtiger Bestandteil der rehabilitativen Versorgung von Menschen mit Behinderungen (MmB) sind. Trotz der gesundheitsbezogenen Ausrichtung von WfbM sind Prävention und Gesundheitsförderung dort bislang eher vernachlässigt worden.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel des Vorhabens war die partizipative Entwicklung, Umsetzung und Evaluation gesundheitsfördernder Maßnahmen zu den Themen Bewegung, Ernährung, Stress und Sucht. Ergänzend wurde ein Praxisleitfaden zur Unterstützung der Etablierung gesundheitsfördernder Maßnahmen in WfbM erstellt.

Methoden oder Hypothese: Die Umsetzung erfolgte in zwei Modellwerkstätten. In Arbeitsgruppen und mit der Methode Photovoice fand eine Bedarfs- und Bedürfniserhebung bei Beschäftigten der WfbM statt, die die Basis für die nachfolgende Maßnahmenentwicklung bildete. Es entstanden Fortbildungskonzepte, Vorschläge zur Gestaltung von Speiseplänen, Kurshefte und Bewegungspausen. Die Maßnahmen wurden ein Jahr erprobt und mittels qualitativer Prozessevaluation (teilstrukturierte Interviews mit Beschäftigten/Fachkräften) und quantitativer Prä-/Postevaluation durch Fragebögen evaluiert.

Ergebnisse: Die Interviews zeigen, dass die Umsetzung der Maßnahmen durch transparente Kommunikation und Unterstützung der Fachkräfte begünstigt wurde. Auch die Rahmenbedingungen der WfbM (z.B. zeitliche/personelle Ressourcen) hatten einen zentralen Einfluss auf den Maßnahmenerfolg. Maßnahmen zu Bewegung und Ernährung wurden am häufigsten umgesetzt. Die statistische Auswertung der Fragebögen zeigt, dass insbesondere partizipative Prozesse von der aktiven Beteiligung der MmB abhängen und zur dauerhaften Umsetzung und Verstetigung von Maßnahmen beitragen. Wenn MmB z.B. selbst die Anleitung der Bewegungspause übernahmen, fand diese häufiger statt, als wenn sie von Fachkräften angeleitet wurde.

Diskussion: Partizipation kann die nachhaltige Umsetzung von Gesundheitsförderung in WfbM unterstützen und die Gesundheitskompetenz/das Gesundheitsverhalten von MmB stärken. Inwieweit die Maßnahmen auch auf andere WfbM übertragbar sind, hängt von den jeweiligen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren ab. Insbesondere für die Umsetzung partizipativer Prozesse ist eine Anpassung der Strukturen von WfbM erforderlich. Das Modellvorhaben war zudem auf wenige Gesundheitsthemen begrenzt. Die partizipative Entwicklung weiterer Maßnahmen zu mehr gesundheitsbezogenen Themen erscheint daher sinnvoll.

Praktische Implikationen: Gesundheitsfördernde Maßnahmen in WfbM sollten auf Basis partizipativer Prozesse entwickelt werden. Weitere Forschung zur Übertragbarkeit der entwickelten Maßnahmen auf andere WfbM sowie zur Ermittlung fördernder und hemmender Faktoren der Umsetzung ist erforderlich.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Nachhaltige Gesundheitsförderung in WfbM erfordert die Partizipation der Zielgruppe der MmB.