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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Grippeimpfung in Bayern – verschiedene Risikogruppen, unterschiedliche Methoden, positive Effekte

Meeting Abstract

  • Lukas Schötz - AOK Bayern, Regensburg, Deutschland
  • Oliver Weidinger - AOK Bayern, Regensburg, Deutschland
  • Florian Kirsch - AOK Bayern, Regensburg, Deutschland
  • Roland Jucknewitz - AOK Bayern, Regensburg, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf461

doi: 10.3205/21dkvf461, urn:nbn:de:0183-21dkvf4615

Published: September 27, 2021

© 2021 Schötz et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Im Herbst 2020 wurden Grippeimpfungen als Präventivmaßnahme für breite Bevölkerungsgruppen dringend empfohlen. Die Evidenzlage zur Effektivität von Grippeimpfungen gestaltet sich dabei nicht eindeutig. Remschmidt et al. (2016) beschreiben, dass für mehrere Risikogruppen Evidenz nur in niedriger bis moderater Qualität vorliegt. Simonsen et al. (2007) bezweifeln vor allem die Effektivität von Wirkstoffen für Personen über 75 Jahren.

Fragestellung und Zielsetzung: Wir untersuchen, welchen Effekt eine Impfung gegen Grippe für Erkrankte mit Diabetes Mellitus, Niereninsuffizienz, Asthma bronchiale, COPD bzw. Personen älter als 75 Jahre erzielen konnte. Als Endpunkte betrachten wir Krankenhausaufenthalte mit Grippediagnose, mit Grippediagnose und Lungenentzündung sowie mit Grippediagnose und Tod.

Methode oder Hypothese: Grundlage der Studie sind anonymisierte Routinedaten einer großen gesetzlichen Krankenkasse, bezogen auf die Grippesaison 2018/2019. Es werden sowohl granulare gesundheitliche (ICDs etc.) als auch sozioökonomische (Alter etc.) Merkmale der Versicherten vor der Grippesaison betrachtet. Mit diesen Informationen definieren wir unterschiedliche Risikogruppen. Für alle Versicherten werden zudem der Impfstatus sowie medizinische Endpunkte während der Grippesaison ausgelesen. Mittels eines Boosting-Verfahren wird der Einfluss der beobachtbaren Charakteristika eines Versicherten auf seinen Impfstatus geschätzt und ein Propensity Score (PS) errechnet.

Um den Einfluss des Impfstatus auf verschiedene, spezifische Endpunkte im Krankenhaus zu schätzen, werden drei verschiedene Schätzmethoden angewandt: eine logistische Regression (bereinigt um den Propensity Score), eine Generalized Random Forest (GRF)–Schätzung sowie eine Instrumentvariablenschätzung.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der logistischen Regression zeigen signifikant positive Effekte der Impfung über alle Risikogruppen und Endpunkte hinweg. Die GRF-Schätzung, welche gruppenspezifische Effekte berechnet und dabei auch die Informationen der übrigen Versicherten beachtet, bestätigt die Ergebnisse der logistischen Regression. Um das Problem unbeobachteten Confoundings zu adressieren, wird zudem ein Instrumentvariablenansatz angewandt. Die ärztliche Einstellung zu Impfungen, abgebildet durch das Verhältnis von den tatsächlichen zu den erwarteten Impfungen (über PS), wird als Instrument verwenden. Die IV-Schätzungen zeigen zumeist positive Effekte, wobei diese statistisch nicht signifikant sind.

Diskussion: Die IV-Analyse weist daraufhin, dass nicht beobachtbare Charakteristika Einfluss auf die Endpunkte haben. Die Analyse weitere Jahre sowie eine Verweildaueranalyse kann die Ergebnisse absichern.

Praktische Implikationen: Um möglichst viele Personen aus Risikogruppen zu erreichen, kann weiter auf niedrigschwellige Angebote z.B. in Apotheken gesetzt werden. Zudem können in Zukunft geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden, um die Todeslast für Risikogruppen zu lindern.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Risikogruppen impfen und durch geeignete Maßnahmen schützen!