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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Längsschnittliche Analyse von Body-Mass-Index und Ernährungsproblemen von Menschen mit Demenz im häuslichen Umfeld: Der Bayerische Demenz Survey (BayDem)

Meeting Abstract

  • Christina Chmelirsch - Interdisziplinäres Zentrum für Health Technology Assessment (HTA) und Public Health, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Peter L. Kolominsky-Rabas - Interdisziplinäres Zentrum für Health Technology Assessment (HTA) und Public Health, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Elmar Gräßel - Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf459

doi: 10.3205/21dkvf459, urn:nbn:de:0183-21dkvf4594

Published: September 27, 2021

© 2021 Chmelirsch et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Bedingt durch den demografischen Wandel könnte Prognosen zur Folge die Zahl von Menschen mit Demenz (MmD) von derzeit 1,7 Millionen bis zum Jahr 2050 auf 3 Millionen ansteigen. MmD haben ein erhöhtes Risiko eine Mangelernährung zu entwickeln, die auch zum Fortschreiten der kognitiven Beeinträchtigung beitragen kann. In Kliniken und Pflegeheimen stellt die Mangelernährung ein relevantes Gesundheitsproblem dar. Im häuslichen Umfeld gibt es allerdings international nur sehr wenige Analysen vom Ernährungszustand von MmD, insbes. in Deutschland.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Analyse ist es daher, den Ernährungszustand und das Vorliegen von Appetit- und Essstörungen von MmD im häuslichen Umfeld anhand von Verlaufsdaten zu untersuchen.

Methodik: Der Bayerische Demenz Survey (BayDem) ist eine multizentrische Längsschnittstudie, die an drei Standorten (Dachau, Erlangen, Kronach) in Bayern durchgeführt wurde. Projektteilnehmer waren MmD (nach ICD-10), sowie deren pflegenden Angehörigen. Die Verlaufsdaten wurden in standardisierten persönlichen Interviews in enger Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren vor Ort erhoben. Der Ernährungszustand der MmD wurde anhand des Body-Mass-Index (BMI) entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschriebenen Cut-Off-Werte beurteilt. Das Vorliegen einer Appetit- und Essstörung konnte mittels entsprechender Fragen im „Neuropsychiatrischen Inventar“ ausgewertet werden.

Ergebnisse: Zu Studienbeginn (t0) wurden 12% (n=29), 6 und 12 Monate später (t6 bzw. t12) jeweils 10% (n=19 bzw. 13) der MmD als mangelernährt eingestuft (BMI kleiner 20 kg/m²). Frauen waren zu t0 signifikant häufiger von einer Mangelernährung betroffen als Männer (17% vs. 5%; p=0,00396). Nach Auskünften der pflegenden Angehörigen litten 32% (n=72) der MmD zu t0 an Appetit- und Essstörungen, 28% (n=47) zu t6 und 25% (n=29) zu t12.

Diskussion: Die Prävalenz von Mangelernährung von MmD im häuslichen Umfeld liegt internationalen Studien zufolge zwischen 0 und 30%, in dieser Spanne lassen sich auch die vorliegenden Ergebnisse einordnen. Die Erhebung zum Vorliegen von Appetit- und Essstörungen unterstreicht zudem, dass MmD im häuslichen Umfeld in besonderem Maße unter dem Risiko einer Mangelernährung stehen. Limitierend muss festgesellt werden, dass alleinlebende MmD in der vorliegenden Analyse unterrepräsentiert waren. Alleinlebende haben jedoch ein höheres Risiko für eine Mangelernährung.

Praktische Implikationen: Angesichts des demografischen Wandels bedarf es zukünftig weiterer Maßnahmen auch im häuslichen Umfeld, um eine ausreichende Nährstoffversorgung im Alter zu gewährleisten und einen ungewollten Gewichtsverlust zu verhindern und somit einer Demenz vorzubeugen.

Appell für die Praxis in einem Satz: Über die Problematik der Mangelernährung aufzuklären ist von großer Bedeutung, damit Ernährungsprobleme frühzeitig erkannt und geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.

Förderhinweis: Das Projekt BayDem wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) gefördert (FK: G42b-G8092.9–2014/10–7).