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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Die Bedeutung patientenrelevanter Struktur- und Verfahrensverbesserungen nach DiGAV im Rahmen bisheriger Evaluationsstudien zu telemedizinischen Anwendungen: Ergebnisse eines systematischen Reviews

Meeting Abstract

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  • Madlen Scheibe - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Andreas Knapp - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Jochen Schmitt - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf442

doi: 10.3205/21dkvf442, urn:nbn:de:0183-21dkvf4423

Published: September 27, 2021

© 2021 Scheibe et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Seit Oktober 2020 sind Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) Teil der Regelversorgung für gesetzlich Krankenversicherte. Im Rahmen der Zulassung müssen Hersteller*innen einen Nachweis für die mit der DiGA realisierbaren positiven Versorgungseffekte erbringen. Neuartig ist, dass zum Zwecke des Nutzennachweises jetzt auch Versorgungseffekte aus dem Bereich sogenannter patientenrelevanter Verfahrens- und Strukturverbesserungen (pSVVs) nachgewiesen werden dürfen und nicht mehr ausschließlich Effekte aus dem Bereich des medizinischen Nutzens (mN) zulassungsrelevant sind.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen der Studie wurde die Bedeutung von pSVVs im Rahmen früherer prospektiver Evaluationsstudien zu DiGA-konformen Anwendungen untersucht, die vor dem Inkrafttreten der Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) im April 2020 international veröffentlicht wurden. Unter anderem wurden die folgenden Fragen untersucht:

1.
In welchem Verhältnis standen Outcomes aus dem Bereich pSVV zu Outcomes aus dem Bereich mN?
2.
Welche pSVVs wurden erhoben und wie häufig?
3.
Bei welchen Krankheitsbildern und zu welchem Behandlungszweck wurden die Anwendungen eingesetzt?

Methode oder Hypothese: Es wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken MEDLINE und EMBASE durchgeführt.

Ergebnisse: Die Recherche resultierte in 2.671 Treffern, wovon acht Studien die Einschlusskriterien erfüllten. Insgesamt wurden 78 Outcomes erhoben, hiervon 23 (29,5%) aus dem Bereich pSVV, 43 (55,1%) aus dem Bereich mN und 12 (15,4%) sonstige. Aus dem Bereich pSVV wurden am häufigsten Versorgungseffekte hinsichtlich der Bewältigung krankheitsbedingter Schwierigkeiten im Alltag (9/23, 39,1%) erhoben, gefolgt von den Bereichen Gesundheitskompetenz (7/23, 30,4%), Adhärenz (5/23, 21,7%), Reduzierung therapiebedingter Aufwände und Belastungen von Patienten und Angehörigen (1/23, 4,3%) sowie Ausrichtung der Behandlung an Leitlinien und anerkannten Standards (1/23, 4,3%). Sieben der acht evaluierten Anwendungen unterstützten die Überwachung von Erkrankungen (COPD, Epilepsie, T2DM, Osteoarthritis, Asthma bronchiale, chronische Herzinsuffizienz, Rückenmarksverletzung), eine deren Linderung (Krebs).

Diskussion: PSVVs nahmen im Rahmen früherer Evaluationsstudien bereits eine relevante Rolle ein, jedoch stets in Ergänzung zu Effekten aus dem Bereich mN. Das gleiche Bild zeigt sich bei einem Blick auf bisher zugelassene DiGAs (Stand: 18.03.2021), von denen alle auch positive Versorgungseffekte aus dem Bereich mN nachgewiesen haben. Es wird sich zeigen, inwieweit zukünftig auch DiGAs zugelassen werden, deren positive Versorgungseffekte ausschließlich auf pSVVs basieren.

Praktische Implikationen: Die Zulassung von psVVs im Rahmen des Nutzennachweise für DiGAs unterstreicht die aktive Rolle und Eigenverantwortung von Patienten für ihre Gesundheit, die noch stärker an Bedeutung gewinnen sollten.

Appell für die Praxis in einem Satz: Inwieweit pSVV und mN bei der nachhaltigen Realisierung positiver Versorgungseffekte von gleichwertiger Bedeutung sind, muss die Implementierungspraxis und Versorgungsforschung zeigen.