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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Pflege- und Sozialkoordination für mehr Selbstbestimmtheit im Alter

Meeting Abstract

  • Eva Robl - EPIG GmbH, Graz, Österreich
  • Andrea Sallegger - EPIG GmbH, Graz, Österreich
  • Christa Peinhaupt - EPIG GmbH, Graz, Österreich
  • Wolfgang Habacher - EPIG GmbH, Graz, Österreich

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf432

doi: 10.3205/21dkvf432, urn:nbn:de:0183-21dkvf4320

Published: September 27, 2021

© 2021 Robl et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Sowohl die altersbezogene Zusammensetzung der Bevölkerung als auch sozioökonomischen Faktoren 1,2 stellen Herausforderungen an das Gesundheitssystem dar. Um ein leistbares Gesundheits- und Sozialsystem zu sichern, bedarf es frühzeitiger und auf den Bedarf abgestimmte Hilfen, die die Selbstbestimmtheit erhalten und den formalen Unterstützungsbedarf hinauszögern. Beispiele wie das Gemeinwesenzentrum Bromley by Bow in London zeigen es vor. In Österreich sind Unterstützungsangebote für ältere Menschen jedoch heterogen und nicht immer leicht zugänglich. Die Abgrenzung zwischen dem Gesundheits- und Sozialsystem und die Komplexität der Angebote sind herausfordernd.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel ist es, eine individuelle, bedarfs- und bedürfnisgerechte, effiziente geriatrische Versorgung zu schaffen, die auf die Wünsche der Betroffenen eingeht und die informelle Betreuung stärkt. Daher stellt sich die Frage, welche Strukturen es für eine regionale integrierte Gesundheitsversorgung braucht.

Hypothese: Durch die Implementierung einer gemeindenahen Sozial- und Pflegekoordination wird der längere Verbleib Zuhause unterstützt. Präventive Hausbesuche zeigen Möglichkeiten auf, wie ältere Menschen nach ihren Bedürfnissen und Bedarfen leben und vorhandene Ressourcen gestärkt werden können. Im Anlassfall werden Gesundheitsdienstleistungen organisiert.

Ergebnisse: Es wurde ein Konzept erstellt, in dem in den einzelnen Gemeinden Sozial- und Pflegekoordinatoren tätig werden. Sie stellen im Bedarfsfall sowie präventiv jene Unterstützungsmaßnahmen zusammen, die dem Bedarf bestmöglich entsprechen und zugleich mit möglichst geringen Ressourcen auskommen. Vorrangig wird dem Wunsch der Älteren nachgekommen so lange wie möglich zu Hause zu bleiben. Außerdem unterstützt die Sozial- und Pflegekoordination u.a. bei administrativen Angelegenheiten, baut ein professionelles Netzwerk unter den Gesundheitsdienstleistern auf, kümmert sich um einen Wissenstransfer zu den Angehörigen und hilft der Gemeinde dabei die richtigen Versorgungsangebote aufzubauen. Im Land Kärnten wird das Angebot derzeit flächendeckend aufgebaut. Durch die abgestimmten Unterstützungsleistungen wird eine Über- wie Unterversorgung vermieden, Entlastung für die informelle Betreuung geschaffen und zeitgleich die Gemeinde belebt.

Diskussion: Erste Ergebnisse bestätigen, dass ältere Menschen und deren Angehörige sich besser informiert und sicherer fühlen. Das Problem in der Versorgung ist nicht der Mangel an Strukturen, sondern deren Abstimmung auf die Bedürfnisse und der niederschwellige Zugang zu den richtigen Angeboten in allen Lebenslagen.

Praktische Implikationen: Flächendeckende Umsetzung des Sozial- und Pflegekoordinators auf Gemeindeebene.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Bei der Versorgung älterer Menschen gilt es die Grenzen des Gesundheits- und Sozialsystems zu überwinden und mehr in Prozessen statt in Strukturen zu denken, dabei die individuellen Bedürfnisse zu erkennen, diese zu adressieren und somit die Selbstbestimmtheit der älteren Menschen zu erhalten.