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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Einsatz der Herkunftssprache in der pflegerischen Versorgung vulnerabler Gruppen

Meeting Abstract

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  • Patricia Beck - FOM Essen, Institut für Gesundheit & Soziales, Essen, Deutschland
  • Yvonne Behrens - Ruhr-Universität Bochum, Seminar für Slavistik/Lotman-Institut, Bochum, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf429

doi: 10.3205/21dkvf429, urn:nbn:de:0183-21dkvf4294

Published: September 27, 2021

© 2021 Beck et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Studienlage zeigt, dass vulnerable Gruppen, wie z.B. Migrant/innen mit Demenz im Vergleich zur autochthonen Bevölkerung einem stärkeren Risiko der Entfremdung ausgesetzt sind. Einer gemeinsamen Sprache kommt im pflegerischen Versorgungskontext eine bedeutsame Rolle zu, da sie die pflegerische Teilhabe bestärkt (McGrath et al. [1]). Gleichzeitig belegen Studien zur Demenzversorgung von zugewanderten Altenpfleger/innen, dass eine stärkere Berücksichtigung kultureller Aspekte das Arbeitsklima und die Arbeitsweise positiv beeinflussen (Adebayo et al. [2]).

Fragestellung: Inwiefern beeinflusst der Einsatz der Herkunftssprache die pflegerische Versorgung vulnerabler Gruppen?

Methode: Insgesamt wurde an sieben Tagen eine Teilnehmende Beobachtung in zwei ambulanten Pflegediensten durchgeführt. Zusätzlich wurden in einer stationären Pflegeeinrichtung drei morgendliche Pflegesituationen von drei Bewohner/innen mit Demenz und einem Migrationshintergrund auditiv aufgezeichnet. Da das beobachtete Pflegepersonal unterschiedliche kulturelle Wurzeln aufwies, liegt nicht nur auf Seiten der Klient/innen, sondern auch auf Personalebene eine sprachliche und kulturelle Diversität vor. Die Beobachtungssituationen wurden inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse: Aus den Beobachtungssituationen geht hervor, dass sprachliche und kulturelle Barrieren Missverständnisse befördern, was die pflegerische Versorgung vulnerabler Personengruppen wiederum deutlich erschwert. In allen beobachteten interkulturellen Versorgungssituationen erleichterten die gleichen muttersprachlichen Kenntnisse des Personals den pflegerischen Zugang zu den Klient/innen. Darüber hinaus konnte das Wohlbefinden gesteigert werden. Zusätzlich zeigte sich bei Patient/innen mit Demenz, dass eine sprachliche Aktivierung erfolgte.

Diskussion: Da die Zahl vulnerabler Gruppen und zugewanderter Pflegefachkräfte auch weiterhin steigen wird, rücken Fragestellungen einer optimalen pflegerischen Versorgung und die Einbindung multikultureller Pflegeteams in den Mittelpunkt. Anknüpfend an die bisherige Studienlage zeigt sich, dass die Berücksichtigung kultureller und sprachlicher Eigenschaften die pflegerische-professionelle Interaktion positiv beeinflusst.

Praktische Implikationen: Da die Beobachtungsstudie zeigt, dass der Austausch zwischen vulnerablen Gruppen und dem Gesundheitspersonal in der Muttersprache die pflegerische Versorgung positiv beeinflusst, sollte der Einsatz muttersprachlicher Kompetenzen im pflegerischen Kontext berücksichtigt werden.

Appell für die Praxis: Die Herkunftssprache sollte für die pflegerische Versorgung vulnerabler Gruppen berücksichtigt werden.


Literatur

1.
McGrath M, Bagul D, Du Toit SHJ. Barriers and facilitators of meaningful engagement among older migrants living with dementia in residential aged care facilities: A mixed studies systematic review. Scand J Occup Ther. 2021 Mar 24:1-12. DOI: 10.1080/11038128.2021 External link
2.
Adebayo B, Nichols P, Heslop K, Brijnath B. A Scoping Review of Dementia Care Experiences in Migrant Aged Care Workforce. Gerontologist. 2020 Feb 24;60(2):e105-e116. DOI: 10.1093/geront/gnz027 External link