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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Der Einsatz von Advanced Practice Nurses (APN) zur Verbesserung des Medikamentenmanagements bei Menschen mit geistiger Behinderung

Meeting Abstract

  • Christian Grebe - Institut für Bildungs- und Versorgungsforschung im Gesundheitsbereich (InBVG), Fachhochschule Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
  • Stephan Nadolny - Institut für Bildungs- und Versorgungsforschung im Gesundheitsbereich (InBVG), Fachhochschule Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
  • Sarah Palmdorf - Institut für Bildungs- und Versorgungsforschung im Gesundheitsbereich (InBVG), Fachhochschule Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
  • Lisa Heitland - Institut für Bildungs- und Versorgungsforschung im Gesundheitsbereich (InBVG), Fachhochschule Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
  • Meike Fechner - Institut für Bildungs- und Versorgungsforschung im Gesundheitsbereich (InBVG), Fachhochschule Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
  • Änne-Dörte Latteck - Institut für Bildungs- und Versorgungsforschung im Gesundheitsbereich (InBVG), Fachhochschule Bielefeld, Bielefeld, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf410

doi: 10.3205/21dkvf410, urn:nbn:de:0183-21dkvf4109

Published: September 27, 2021

© 2021 Grebe et al.
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Text

Hintergrund: Menschen mit geistiger Behinderung (MmgB) weisen häufiger komplexe, durch Polypharmazie und Psychopharmaka geprägte Medikamentenregimes auf. Zugleich ist der Qualifikationsmix in der Eingliederungshilfe vor allem durch die Heilerziehungspflegende und Erzieher*innen geprägt, deren Ausbildungen Krankheitsbilder und Pharmakologie nur in geringem Maße berücksichtigen. Pflegefachpersonen, insbesondere solche mit hochschulischer Qualifizierung, sind in diesem Feld eher gering repräsentiert.

Zielsetzung: Ziel der Studie war es, aufsuchende Beratungen durch hochschulisch qualifizierte und speziell fortgebildete Advanced Practice Nurses (APN) zum Thema Medikamentenmanagement bei MmgB zu evaluieren.

Methode: Die Intervention bestand aus zwei Hausbesuchen durch APNs. Sie nahmen beim ersten Besuch ein Review des aktuellen Medikamentenregimes vor. Bei Bedarf wurde Unterstützung durch ein multiprofessionelles Team eines medizinischen Versorgungszentrums in Form von Fallbesprechung in Anspruch genommen. Im zweiten Hausbesuch wurden die MmgB und ihre Bezugspersonen zur Medikation und zu gesundheitsrelevanten und adhärenzfördernden Aspekten beraten. In Einzelfällen nahm die APN direkt Kontakt zu Ärzten auf. Im 3-monatigen Interventionszeitraum wurde der Kontakt zwischen den Hausbesuchen telefonisch oder per E-Mail aufrechterhalten.

In einer randomisierten, kontrollierten Studie mit einer Interventions- (IG) und einer Kontrollgruppe (KG) wurden an zwei Messzeitpunkte (t0: Baseline und t1: Follow-Up nach 3 Monaten) die Outcomes gemessen: medikamentenbezogene Adhärenz (MARS-D), gesundheitsbezogene Lebensqualität (EQ5D-3L) Gesundheitszustand und Teilhabe (WHO-DAS 2.0), Komplexität des Medikamentenregimes (MRCI) und Anzahl verordneter Psychopharmaka. Die Daten wurden mittels strukturierter Interviews mit Bezugspersonen erhoben, MARS-D und EQ5D-3L zusätzlich auch mittels strukturierter Interviews mit den MmgB. Zur Hypothesentestung wurden ANCOVAs berechnet.

Ergebnisse: Für keines der Outcomes konnte ein signifikanter Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe nachgewiesen werden.

Diskussion: Die APNs empfahlen überwiegend eine Anpassung der Medikation, was aber nicht zu einer signifikanten Reduktion der Komplexität des Medikamentenregimes oder der verordneten Psychopharmaka führte. Ein direkter Dialog der APNs mit den verordnenden Ärzt*innen erscheint in stärkerem Maße erforderlich. In nachfolgenden Studien sollte ein längerer Follow-Up-Zeitraum gewählt werden.

Praktische Implikationen: Die Studie untermauert den Bedarf an professionelle pflegerischen Unterstützung des Medikamentenmanagements für MmhzgB. Die Intervention kann in der untersuchten Umsetzung nicht als effektive Maßnahme hinsichtlich der gemessenen Outcomes belegt werden.

Appell für die Praxis: Die sehr komplexen Medikamentenregimes von Menschen mit geistiger Behinderung erfordern entsprechende Expertise im lebensweltlichen Umfeld der Personen.