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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Rettungsdiensteinsätze am Lebensende: Krankentransport und Notfallrettung bei sterbenden Pflegeheimbewohnern

Meeting Abstract

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  • Sybille Schmid - Feuerwehr Stadt Braunschweig, Deutschland
  • Gerhard Wermes - Gesundheitsamt Stadt Braunschweig, Deutschland
  • Andreas Günther - Feuerwehr Stadt Braunschweig, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf380

doi: 10.3205/21dkvf380, urn:nbn:de:0183-21dkvf3800

Published: September 27, 2021

© 2021 Schmid et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Etwa die Hälfte aller Rettungsdiensteinsätze am Sterbetag oder am Vortag des Todes erfolgen ohne Notarzt. Ein Fünftel dieser Einsätze sind qualifizierte Krankentransporte (KT), werden also nach ärztlicher Transportverordnung durchgeführt [1]. Auch sterbende Pflegeheimbewohner werden weit häufiger als wünschenswert von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern verlegt [2].

Fragestellung: Wie häufig sind Rettungsdienstkontakte bei Bewohnern von Pflegeeinrichtungen kurz vor deren Tod und wie sind diese charakterisiert?

Methode oder Hypothese: Retrospektive Analyse der Routinedaten des Rettungsdienstes und des Gesundheitsamtes eines städtischen Versorgungsbereiches mit 250.000 Einwohnern und 30 Einrichtungen der stationären Langzeitpflege mit insgesamt 3.100 Plätzen.

Ergebnisse: In den Jahren 2018 und 2019 erfolgten 287 Einsätze am Sterbetag oder am Vortag des Todes im Umfeld einer Pflegeeinrichtung. Diese betrafen 281 verschiedene Patienten. Deren durchschnittliches Alter betrug 85,1 Jahre (+/- 9,2 Jahre, Median 86) und reichte von 52 bis 101 Jahren. 171 (60,9%) Patienten waren weiblich.

Bei 45 (15,7%) Einsätzen war eine Pflegeeinrichtung das Transportziel. Alle diese Einsätze waren ärztlich verordnete KT.

Von den 242 (84,3%) Einsätzen mit Einsatzort Pflegeeinrichtung blieben 55 (22,7%) ohne Transport. Bei allen Einsätzen ohne Transport war ein Notarzt (NA) beteiligt. Bei 16 (6,6%) dieser Einsätze erfolgte ein ambulanter Kontakt mit einem NA, in 39 (16,1%) Fällen eine Todesfeststellung (nach oder ohne Reanimationsversuch). Von den 187 Einsätzen mit Transport waren 22 (11,8%) KT, 81 (43,3%) Notfallrettungseinsätze (NFR) ohne NA und 84 (44,9%) NFR mit NA.

Diskussion: In einem städtischen Versorgungsbereich erfolgte nur eine Minderheit der Krankenhauszuweisungen am Sterbetag oder am Vortag des Todes (9,1%) durch ärztlich verordnete Krankentransporte, ein Notarzt war nur bei etwa jeder zweiten Krankenhauszuweisung beteiligt. Am Sterbetag oder Vortag des Todes erfolgten auch (Rück)Verlegungen in eine Pflegeeinrichtung.

Praktische Implikationen: Bei der Verlegungspraxis sterbender Bewohner aus Pflegeeinrichtungen sind Versorgungssituationen ohne eine direkte ärztliche Beteiligung bedeutend. Für die Verlegung Sterbender in eine Pflegeeinrichtung sind Krankentransporte und damit das ärztliche Verordnungsverhalten relevant.

Appell für die Praxis: Um die Verlegungspraxis sterbender Pflegeheimbewohner im Sinne der Patientenautonomie und –sicherheit weiterzuentwickeln müssen die strukturellen Gegebenheiten in Pflegeeinrichtungen als primär arztfreie Räume interprofessionell bearbeitet werden.


Literatur

1.
Günther A, Swart E, Schmid S. Rettungsdiensteinsätze am Lebensende: Erste Ergebnisse eines sektorenübergreifenden Rückmelde- und Kontrollsystems. Notarzt. 2021. DOI: 10.1055/a-1373-3791 External link
2.
George WM, Banat GA, Herrmann JJ, Richter MJ. Empirische Befunde zur Verlegungspraxis Sterbender. MMW-FortschrMed. 2017;(6). DOI: 10.1007/s15006-017-0080-2 External link