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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Lebensqualität und Alltagskompetenz älterer Patient*innen nach proximaler Femurfrakturen. Ergebnisse der EMAAge-Studie

Meeting Abstract

  • Johannes Deutschbein - Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
  • Tobias Lindner - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Arbeitsbereich Notfallmedizin, Berlin, Deutschland
  • Martin Möckel - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Arbeitsbereich Notfallmedizin, Berlin, Deutschland
  • Liane Schenk - Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf372

doi: 10.3205/21dkvf372, urn:nbn:de:0183-21dkvf3720

Published: September 27, 2021

© 2021 Deutschbein et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Proximale Femurfrakturen gehören zu den häufigsten und schwerwiegendsten Notfallindikationen bei älteren und geriatrischen Patient*innen. Sie sind mit einer erhöhten Mortalität assoziiert und führen bei vielen Betroffenen zu Mobilitätseinschränkungen und einem Verlust von Selbständigkeit. Die Datenlage ist in Deutschland, insbesondere im Bereich der Versorgungsforschung, allerdings unzureichend.

Fragestellung und Zielsetzung:Ziel der EMAAge-Studie ist die detaillierte Charakterisierung der Patient*innenpopulation hinsichtlich ihrer Gesundheits-, Lebens- und Versorgungssituation. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Frage, wie sich die proximale Femurfraktur auf patientenzentrierte Outcomes wie Lebensqualität und Alltagskompetenzen auswirkt.

Methode oder Hypothese: EMAAge ist eine prospektive, multizentrische Kohortenstudie mit zwei Erhebungszeitpunkten. Potenzielle Studienteilnehmer*innen wurden in acht verschiedenen Notaufnahmen identifiziert und im Anschluss an die Operation auf der jeweiligen Station rekrutiert. Die Patient*innen wurden am Krankenbett von Study Nurses standardisiert befragt; klinische und Versorgungsdaten wurden aus dem jeweiligen Krankenhaus-Informationssystem extrahiert und mit den Befragungsdaten verknüpft. Nach sechs Monaten folgte ein telefonisches Follow-up-Interview. Nicht befragungsfähige Patient*innen wurden über ihre Betreuer*innen eingeschlossen.

Ergebnisse: Über einen Zeitraum von 25 Monaten wurden N=326 Patient*innen eingeschlossen. Zwei Drittel der Patient*innen waren weiblich und mit 77,8 Jahren älter als die Männer (MW=71,7 Jahre). Bereits vor der Fraktur waren 39% der Patient*innen pflegebedürftig; nach Charlson Comorbidity Score hatten 16% eine schwere und 23% eine moderate Krankheitslast durch (chronische) Komorbiditäten. Die globale gesundheitliche Lebensqualität vor Fraktur wurde auf einer Skala von 0 bis 100 (EQ-5D-5L) im Median mit 70 bewertet.

Innerhalb des ersten halben Jahres nach der Fraktur verstarben 38 Patient*innen (12%). 217 Teilnehmer*innen (67%) konnten erfolgreich nachbefragt werden. Von diesen hatten nun 44% einen Pflegegrad. Die gesundheitliche Lebensqualität wurde im Median mit 60 bewertet. Die Verschlechterung von Alltagskompetenz und Lebensqualität war dabei weder mit Geschlecht noch Alter assoziiert. Diskussion: Die Ergebnisse bestätigen die Daten internationaler Studien: Patient*innen mit proximaler Femurfraktur stellen eine hoch vulnerable Population dar, für die die Fraktur ein großes Risiko für eine signifikante Verschlechterung der Lebensqualität und einen Verlust der Selbständigkeit darstellt. Differenzierte Subgruppen-Analysen und multiple Modelle werden spezifische Risikofaktoren innerhalb der Population aufklären.

Praktische Implikationen: Die Indikation erfordert besondere Aufmerksamkeit von Seiten der Versorger und spezifische Versorgungskonzepte auch in der poststationären Phase.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: In Deutschland sollten verstärkt international etablierte Versorgungskonzepte adaptiert und evaluiert werden.