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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Rauchstoppversuche und Tabakabstinenz in der allgemeinmedizinischen Patientenversorgung: Langzeit-Follow-up einer pragmatischen, zweiarmigen, Cluster-randomisierten kontrollierten Studie zur Kurzberatung zur Tabakentwöhnung (ABC- versus 5As-Methode)

Meeting Abstract

  • Sabrina Kastaun - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland; Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Patient-Arzt-Kommunikation, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Wolfgang Viechtbauer - Department of Psychiatry and Neuropsychology, Maastricht University, 6200 MD Maastricht, The Netherlands
  • Verena Leve - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Jaqueline Hildebrandt - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Christian Funke - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Stephanie Klosterhalfen - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Diana Lubisch - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Olaf Reddemann - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Tobias Raupach - Institut für Medizindidaktik, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland; Behavioral Science and Health, Institute of Epidemiology and Health Care, University College London, United Kingdom
  • Stefan Wilm - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland
  • Daniel Kotz - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Deutschland; Behavioral Science and Health, Institute of Epidemiology and Health Care, University College London, United Kingdom; Department of Family Medicine, CAPHRI School for Public Health and Primary Care, Maastricht University, 6200 MD Maastricht, The Netherlands

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf339

doi: 10.3205/21dkvf339, urn:nbn:de:0183-21dkvf3395

Published: September 27, 2021

© 2021 Kastaun et al.
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Text

Hintergrund: In der allgemeinmedizinischen Versorgung in Deutschland wird leitliniengerechte Kurzberatung zur Tabakentwöhnung zu selten angeboten. Wir entwickelten ein theoriebasiertes, 3,5-stündiges hausärztliches Training für solche Kurzberatungen nach zwei verschiedenen Beratungsmethoden (ABC und 5As). In einer pragmatischen, zweiarmigen, Cluster-randomisierten kontrollierten Studie konnte das Training die Kurzberatungsraten und Empfehlungsraten für evidenzbasierte Entwöhnungstherapien bei trainierten Ärzt:innen deutlich steigern. Die kürzere ABC Methode erwies sich dabei als praktikabel und effektiv [1].

Ziele: In dieser Follow-up-Analyse untersuchten wir den Effekt beider Trainings (ABC, 5As) auf patientenberichtete Rauchstoppversuche und Punktprävalenz-Abstinenz (ja/nein) zu Woche 4, 12 und 26 nach der hausärztlichen Beratung.

Methode: Fragebögen wurden zu den Wochen 4, 12 und 26 an 1.937 rauchende Patient:innen versendet, von denen ca. die Hälfte vor bzw. nach dem Training von 69 Hausärzt:innen (52 Praxen) rekrutiert worden waren. In Woche 26 lag die Teilnahmerate bei 30%. Es wurde eine Intention-to-treat-Analyse mit multiplen Imputationen fehlender Endpunkte zu allen Zeitpunkten angewandt. Die Daten wurden mit mehrstufigen, „mixed-effects“ logistischen Regressionen analysiert, adjustiert für mögliche Störfaktoren.

Ergebnisse: Während der Erhalt einer Kurzberatung verglichen mit keiner Beratung mit einem zweifachen Anstieg patientenberichteter Rauchstoppversuche zu allen drei Follow-up Zeitpunkten (adjustierte Odds Ratios (aOR): 1.90-2.01) sowie der Tabakabstinenz in Woche 26 (aOR=2.22, 95% Konfidenzintervall=1.21-4.11) assoziiert war, führte das hausärztliche Training nicht zu einer statistisch signifikanten Steigerung der Rauchstoppversuchs- und Abstinenzraten der Patient:innen. Es gab keinen Unterschied zwischen der ABC- und der 5As-Gruppe.

Diskussion: Unsere Hauptstudie belegt, dass das Training zu einer Steigerung der hausärztlichen Kurzberatungsraten führt. Die Follow-up-Analyse zeigt allerdings nicht, dass Patient:innen häufiger versuchten oder erfolgreich darin waren mit dem Rauchen aufzuhören, wenn sie von einem/einer trainierten gegenüber einem/einer untrainierten Arzt/Ärztin beraten wurden. Dennoch wurde deutlich, dass der Erhalt ärztlicher Kurzberatung zur Tabakentwöhnung einen positiven Effekt auf das Rauchstoppverhalten von Patient:innen hat.

Praktische Implikationen: Die Kurzberatung zur Tabakentwöhnung – nach dem ABC oder 5As Modell – sollte in der hausärztlichen Praxis regelmäßig durchgeführt werden.

Appell für die Wissenschaft: Zukünftige Trainingsstudien sollten stärker kontextuelle Faktoren berücksichtigen, die den Transfer der effektiven hausärztlichen Beratung in eine Verhaltensänderung der Patient:innen behindern könnten, wie den Zugang zu kostenlosen evidenzbasierten Entwöhnungstherapien.


Literatur

1.
Kastaun S, Leve V, Hildebrandt J, Funke C, Klosterhalfen S, Lubisch D, Reddemann O, McRobbie H, Raupach T, West R, Wilm S, Viechtbauer W, Kotz D. Training general practitioners in the ABC versus 5As method of delivering stop-smoking advice: a pragmatic, two-arm cluster randomised controlled trial. ERJ Open Res. 2021 Jul 26;7(3):00621-2020. DOI: 10.1183/23120541 External link