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Implementierung eines standardisierten Screenings zur Früherkennung emotionaler und Verhaltensauffälligkeiten bei 5–10-Jährigen Kindern und die gezielte Zuweisung zu entsprechenden (Präventions-)Angeboten
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Published: | September 27, 2021 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Emotionale und Verhaltensprobleme in der Kindheit können weitreichende Folgen für die soziale, emotionale und kognitive Entwicklung haben, sodass ihrer Prävention eine hohe Bedeutung zukommt. Die Verfügbarkeit und Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen im Kindesalter ist jedoch gering.
Fragestellung und Zielsetzung: Das Innovationsfonds-Projekt PROMPt untersucht die Implementierung eines standardisierten Screenings zur Früherkennung psychischer Auffälligkeiten bei Kindern und gezielter Zuweisung zu entsprechenden (Präventions-)angeboten im Rahmen der U9- bis U11-Untersuchungen. Das Screening erfolgt mittels SDQ-D (Strengths and difficulties questionnaire) Fremdbeurteilungsbogen durch die Eltern.
Methode oder Hypothese: Im Rahmen einer qualitativen Teilstudie wurden u.a. die Praktikabilität, Vor- und Nachteile des Screenings und der gezielten Zuweisung aus Sicht der Kinderärzt:innen und des Praxispersonals untersucht; aus Elternsicht u.a. die Barrieren der Inanspruchnahme des Screenings und zugewiesener (Präventions-)Angebote.
Ergebnisse: Es wurden 25 semi-strukturierte Einzelinterviews mit teilnehmenden Kinderärzt:innen (n=4), Praxispersonal (n=4) und Eltern (n=17) im Zeitraum Juli 2020 bis März 2021 durchgeführt. Erste Ergebnisse: Die Ergänzung von U-Untersuchungen mit dem SDQ ist praxistauglich und hilft, psychische Auffälligkeiten aufzudecken und zu konkretisieren. Die befragten Ärzt:innen und Eltern sehen einen großen Bedarf zur frühzeitigen Identifikation und Prävention psychischer Erkrankungen bei Kindern. Barrieren der Inanspruchnahme des SDQ-Screenings sind vereinzelt Sorgen der Eltern vor einem negativen Testergebnis. Barrieren der Teilnahme an einem empfohlenen Präventionskurs sind Zeitmangel, Distanz zum Veranstaltungsort, Ablehnung durch das Kind sowie Unsicherheiten bzgl. Finanzierung der Kursteilnahme.
Diskussion: Der Einsatz des SDQ im Rahmen von U-Untersuchungen sowie die gezielte Zuweisung zu und Bereitstellung von (Präventions-)angeboten stellen einen praxistauglichen Ansatz zur frühzeitigen Identifikation, Abklärung und Prävention von emotionalen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern dar. Da nicht alle Familien über die U-Untersuchungen erreicht werden, soll ergänzend der Einbezug von Bildungs-, Beratungs- und Freizeiteinrichtungen für Kinder diskutiert werden.
Praktische Implikationen: Sollte die neue Versorgungsform in die Regelversorgung übernommen werden, sollten aus Sicht der Kinderärzt:innen folgende Rahmenbedingungen erfüllt sein: flächendeckende Bereitstellung von Präventions- und Behandlungsangeboten für Kinder mit psychischen Auffälligkeiten, einheitliche Kostenübernahme durch die Krankenkassen für die Teilnahme an zertifizierten Präventionskursen, Teilnahme aller Kinderärzt:innen an Maßnahmen zur Früherkennung psychischer Auffälligkeiten.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Der flächendeckende Einsatz des SDQ im Rahmen von U-Untersuchungen sowie die gezielte Zuweisung zu und Bereitstellung von (Präventions-)angeboten sollten angestrebt und wissenschaftlich begleitet werden.