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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Notfallmanagement in Pflegeeinrichtungen – Ergebnisse von multiprofessionellen Fokusgruppeninterviews

Meeting Abstract

  • Sven Schwabe - Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Jutta Bleidorn - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland
  • Andreas Günther - Fachbereich Feuerwehr, Stadt Braunschweig, Braunschweig, Deutschland
  • Nils Schneider - Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Juliane Poeck - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf329

doi: 10.3205/21dkvf329, urn:nbn:de:0183-21dkvf3295

Published: September 27, 2021

© 2021 Schwabe et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Notfallsituationen in Pflegeeinrichtungen führen zu einer steigenden Zahl von Rettungsdiensteinsätzen und Krankenhauseinweisungen. Diese werden häufig als vermeidbar eingeordnet und entsprechen oft nicht den Behandlungswünschen der Bewohner. Der Umgang mit Notfallsituationen wird durch strukturelle Bedingungen, Unsicherheiten und Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den behandelnden Akteuren beeinträchtigt. Im Projekt NOVELLE (FKZ: 01NVF18007) werden Handlungsempfehlungen für Pflegefachpersonen entwickelt, mit dem Ziel das Notfallmanagement in Pflegeeinrichtungen zu verbessern.

Fragestellung und Zielsetzung: Entwicklung einer Muster-Handlungsempfehlung für Pflegefachpersonen zur Verbesserung des Notfallmanagements in Pflegeeinrichtungen.

Methode oder Hypothese: Zwischen Januar und März 2021 wurden 4 Fokusgruppeninterviews mit insgesamt 14 Pflegefachpersonen, Pflegedienstleitungen, Einrichtungsleitungen, Haus- und SAPV-Ärzten sowie Medizinethikern und einer Medizinjuristin durchgeführt. Auf der Basis von realen Fallgeschichten aus den Einrichtungen wurden Notfallbearbeitungen rekonstruiert und Verbesserungsoptionen erarbeitet. Die Gruppeninterviews fanden als Videokonferenzen statt, wurden digital aufgezeichnet, wörtlich transkribiert und qualitativ-inhaltsanalytisch mit MAXQDA ausgewertet. Die Weiterentwicklung der Handlungsempfehlungen erfolgte auf Basis der Ergebnisse im multiprofessionellen Forschungsteam.

Ergebnisse: Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Notfallmanagements in Pflegeeinrichtungen lassen sich inhaltlich in folgende Bausteine gliedern:

1.
Ersteinschätzung;
2.
Assessment mit pflegefachlicher Beurteilung der Notfallsituation und Einbindung des Bewohnerwillens;
3.
Organisation der Weiterversorgung.

Für jeden Baustein können Maßnahmen, Ergebnisse und Entscheidungen identifiziert werden, sodass die Bausteine in Form eines Algorithmus angeordnet und zur Strukturierung des Notfallmanagements durch Pflegefachpersonen genutzt werden können.

Diskussion: Die multiprofessionell erarbeitete Muster-Handlungsempfehlung kann als Grundlage für die Entwicklung von spezifischen Handlungsempfehlungen für konkrete Notfallszenarien (z.B. Sturz) dienen. Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Notfallmanagements sollten die Kompetenzen der Pflegefachpersonen stärken, eine strukturierte Einbindung des Bewohnerwillens ermöglichen und bei der Kommunikation mit Weiterversorgern unterstützen.

Praktische Implikationen: Eine Verbesserung des Notfallmanagements in Pflegeeinrichtungen sollte an pflegepraktischen Erfahrungen anschließen sowie rechtliche, ethische, pflegewissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse reflektieren.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Multiprofessionell und interdisziplinär erarbeitete Handlungsempfehlungen können die Grundlage für eine Stärkung der Handlungssicherheit von Pflegefachpersonen und der Patientenautonomie beim Notfallmanagement in Pflegeeinrichtungen sein.