gms | German Medical Science

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Leistungsbereiche für qualitätsabhängige Zu- und Abschläge in der stationären Versorgung: Mögliche Auswahlkriterien und deren Anwendung

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Jürgen Stausberg - Essen, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf289

doi: 10.3205/21dkvf289, urn:nbn:de:0183-21dkvf2896

Published: September 27, 2021

© 2021 Stausberg.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Mit dem Krankenhausstrukturgesetz wurde 2015 eine Vergütung mit qualitätsabhängigen Zu- und Abschlägen als nationaler Einstieg in Pay-for-Performance (P4P) im stationären Bereich eingeführt. Dem stand eine fehlende wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit von P4P gegenüber. Wiederholt konnten Übersichtsarbeiten zu P4P keine Qualitätsverbesserungen belegen.

Fragestellung und Zielsetzung: Zur Umsetzung qualitätsabhängiger Zu- und Abschläge waren neben Qualitätszielen und Qualitätsindikatoren u.a. einbezogene Leistungen und Leistungsbereiche auszuwählen. Ziel der Arbeit war es, Kriterien für deren Auswahl zu definieren und anzuwenden.

Methode oder Hypothese: Zur Auswahl von Leistungsbereichen wurden fünf Kriterien definiert: Verfügbarkeit von Indikatoren zur Prozessqualität, hohe Qualität dieser Indikatoren, breite Abdeckung der Qualitätseigenschaften nach DIN EN 15224:2012 durch die Indikatoren, Abdeckung des Leistungsbereiches durch eine definierte Versorgungsstruktur wie eine Fachabteilung, geringe Überschneidung der Abläufe mit zentralen Leistungsstellen. Die Erfüllung der Kriterien zu Indikatoren wurde datengestützt aus Veröffentlichungen zu 684 Kennzahlen abgeleitet. Die Bewertung der beiden Kriterien zur organisatorischen und ablaufbezogenen Gestaltung der Versorgung erfolgte über eine Befragung von in Krankenhäusern tätigen Expertinnen und Experten. Zur Bearbeitung wurden 74 Leistungsbereiche definiert.

Ergebnisse: Das Kriterium einer Abbildung der Prozessqualität erfüllten 269 Indikatoren, 372 das Kriterium einer belegten Güte. In Kombination verblieben 64 Indikatoren aus 19 Leistungsbereichen. Die Bewertung durch die Expertinnen und Experten ergab einen hohen Anteil von Leistungsbereichen ohne negative Seiteneffekte. Vermehrt wurde jedoch eine Überschneidung der Abläufe von organisatorischen Bereichen gesehen. Unter Kombination aller fünf Kriterien verblieben fünf der 74 Leistungsbereiche.

Diskussion: Der geringe Anteil von geeigneten Leistungsbereichen war insbesondere durch unzureichende Instrumente der Qualitätsmessung bedingt. Daraus würde sich für die Einführung einer Vergütung mit qualitätsabhängigen Zu- und Abschlägen die Notwendigkeit einer umfangreichen Entwicklung geeigneter Indikatoren ergeben. Die Bewertung durch Expertinnen und Experten ergab hingegen eine Offenheit gegenüber diesem Ansatz eines P4P.

Praktische Implikationen: Für weitere Arbeiten an einer Vergütung mit qualitätsabhängigen Zu- und Abschlägen böten sich vor allem die Leitungsbereiche der ambulant erworbenen Pneumonie sowie „Herzinfarkt und koronare Herzerkrankung“ und „Interventionelle Kardiologie: Schrittmacher und Defibrillator“ an. Bei den angekündigten Veränderungen mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz könnten vorgestellte Methodik und Ergebnisse als Blaupause für andere qualitätsbezogene Regelungen genutzt werden.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Der Einstieg in qualitätsabhängige Zu- und Abschläge ließe sich wissenschaftlich absichern, auch wenn damit prinzipielle Vorbehalte nicht ausgeräumt wären.