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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Look-alike und Sound-alike Verwechslungen: Graphenbasierte Analyse zur Visualisierung der orthographischen und phonetischen Ähnlichkeit von Medikamentennamen

Meeting Abstract

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  • Thomas Schrader - Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg, Deutschland
  • Celine Elsholz - Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg, Deutschland
  • Laura Tetzlaff - Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf288

doi: 10.3205/21dkvf288, urn:nbn:de:0183-21dkvf2884

Published: September 27, 2021

© 2021 Schrader et al.
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Hintergrund: Die Verwechslung von Medikamentennamen spielt als Ursache für Fehler in der medizinischen Versorgung eine große Rolle. Bis zu 30% der unerwünschten Arzneimittelreaktionen gehen auf look-alike und sound-alike Verwechslungen zurück [1], [2]. Wie häufig ähnliche Namen vorkommen und in welchem Zusammenhang von Einnahmeart, Darreichungsform und Wirkstoffklassen sie auftreten, ist unbekannt.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Studie war es, die orthographische und phonetische Ähnlichkeit von Medikamentennamen der internationalen Medikamentendatenbank „Drugbank“ zu untersuchen und mittels Graphen zu visualisieren. Graphen können unterschiedliche Beziehungen zwischen den Namen, den Zulassungsregionen, den Darreichungsformen, den Applikationsrouten und der ATC-Klassifikation visualisieren.

Methoden: Die orthographische Ähnlichkeit der Medikamentennamen wurde mittels verschiedener Verfahren der Ähnlichkeitsanalyse untersucht, die den Editierabstand (Anzahl Veränderungen, um von einem Namen zum anderen zu gelangen) unterschiedlich wichten. Für die phonetische Ähnlichkeit wurden drei Verfahren (soundex, NYSIIS, Metaphor) verwendet, die algorithmisch die englische Aussprache in Soundwerte abbilden und vergleichbar machen. Die Drugbank enthält 85.719 Produkt-, 13.580 Wirkstoff-, 8.506 Marken-, 11.807 Verkaufsnamen sowie 283.081 Synonymnamen und somit insgesamt 147.993 verschiedene Namen.

Ergebnisse: In mehr als 10 Milliarden paarweise Berechnungen der Ähnlichkeit wurden mehr als 6 Millionen Namenspaarungen gefunden, die Werte einer höheren orthographischen bzw. phonetischen Ähnlichkeit aufwiesen. Die Graphendarstellung der Ähnlichkeiten zeigt verschiedene Gruppen von Namen gleicher sowie unterschiedlicher Wirkstoffklassen, die in Ähnlichkeitsclustern zusammenhängen.

Diskussion: Die verfügbaren Listen der Medikamentennamenspaarungen, bei denen es bereits zu Verwechslungen gekommen ist, spiegeln das Problem der Komplexität der Verwechslungsgefahren nur unzureichend wider. Mittels Graphen lassen sich die Zusammenhänge von Namen, deren Darreichungsform und Wirkstoffzuordnung übersichtlich darstellen.

Praktische Implikationen: Die erarbeitete graphenbasierte Darstellung lässt eine differenzierte Betrachtung der Ähnlichkeit im Kontext des Medikationsprozesses zu und hilft dabei, die Konzepte der Medikamentensortierung und -verteilung neu zu überdenken.

Appell für die Wissenschaft und Versorgung: Die Untersuchung der Häufigkeit von Verwechslungen von Medikamenten und deren Ursachen muss weiter vertieft werden und weitere Aspekte wie die morphologische Ähnlichkeit einschließen, um die Patientensicherheit in der ambulanten wie stationären Versorgung systematisch zu verbessern.


Literatur

1.
Tseng HY, Wen CF, Lee YL, Jeng KC, Chen PL. Dispensing errors from look-alike drug trade names. Eur J Hosp Pharm. 2018 Mar;25(2):96-9. DOI: 10.1136/ejhpharm-2016-001019 External link
2.
Bryan R, Aronson JK, Williams A, Jordan S. The problem of look-alike, sound-alike name errors: Drivers and solutions. Br J Clin Pharmacol. 2021 Feb;87(2):386-94. DOI: 10.1111/bcp.14285 External link