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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Versorgungssituation und -qualität vor einer Amputation bei Patienten mit einer arteriellen Gefäßkrankheit: Eine GKV-Analyse von 2013–2015 in Deutschland

Meeting Abstract

  • Kristina Hagenström - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Hamburg, Deutschland
  • Claudia Garbe - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Hamburg, Deutschland
  • Eike Sebastian Debus - Universitäres Herz- und Gefäßzentrum UKE Hamburg, Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Matthias Augustin - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Hamburg, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf278

doi: 10.3205/21dkvf278, urn:nbn:de:0183-21dkvf2789

Published: September 27, 2021

© 2021 Hagenström et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: In den kommenden Jahren wird im Zuge der demographischen Entwicklung mit einem weiteren Anstieg der Prävalenz der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) gerechnet. Patienten mit AVK haben ein erhöhtes Risiko für Amputationen der unteren Extremitäten. Angesichts der hohen Sterblichkeitsraten und Folgekosten, sowie einer starken Einschränkung der Lebensqualität von Patienten mit Amputationen, ist eine leitliniengerechte Therapie vor einer Eskalation von großer Bedeutung.

Fragestellung und Zielsetzung: Diese Studie untersucht die leitlinienbasierte vaskuläre Diagnostik und gefäßchirurgische Behandlungen bei Patienten vor einer Amputation der unteren Extremitäten mit einer AVK auf Basis von Daten einer gesetzlichen Krankenversicherung.

Methode: Daten der DAK-Gesundheit wurden für die Jahre 2010 bis 2015 analysiert. Für die vorliegenden Analysen wurde eine inzidente Kohorte gebildet. Diese Kohorte umfasst Versicherte im Jahr 2013, bei denen keine Amputation in den Jahren 2010 bis 2012 vorlag, und bei denen bis Ende 2015 eine Amputation durchgeführt wurde. Zur Darstellung der Versorgungsqualität vor einer Amputation der unteren Extremitäten von Patienten mit einer AVK wurden vordefinierte diagnostische und therapeutische leitlinienbasierte Maßnahmen (stationäre und ambulante Versorgung) drei bis sechs Monate vor der inzidenten Amputation berücksichtigt.

Ergebnisse: Von 2013 bis 2015 hatten 3.131 Versicherte eine inzidente Amputation der unteren Extremitäten (0,12% (Konfidenzintervall: 0,12%–0,12%). Von diesen Patienten hatten 51,7% eine AVK innerhalb des Quartals der Amputation oder drei Quartale davor (n=1.619). 85% der Versicherten mit einer Amputation der unteren Extremitäten erhielten mindestens eine gefäßrelevante Maßnahme (82% eine gefäßdiagnostische und 61% eine gefäßchirurgische Maßnahme). 64% der Patienten mit einer Majoramputation, sowie 60% mit einer Minoramputation, erhielten eine gefäßchirurgische Maßnahme. Personen im höheren Lebensalter (>77 Jahre) erhielten signifikant seltener eine gefäßrelevante Maßnahme (OR=0,5; p=.01). Deutliche regionale Unterschiede in der Versorgung zeigten sich bei den diagnostischen Verfahren mit 91% in Berlin und 67% in Bremen sowie für die gefäßchirurgischen Eingriffe mit 83% in Hamburg und 55% in Sachsen-Anhalt.

Diskussion: Bei knapp 20% der Versicherten vor einer Amputation zeigte sich eine Unterversorgung leitliniengerechter gefäßdiagnostischer Maßnahmen. Etwa ein Drittel der Patienten mit einer Majoramputation erhielten keinen gefäßchirurgischen Eingriff vor einer Amputation und hätten vermutlich vermieden werden können.

Praktische Implikationen: Das Amputationsrisiko bei Patienten mit AVK kann nur durch konsequente Prävention und frühzeitige interdisziplinäre Diagnostik minimiert werden. Letztere bietet eine deutlich höhere Chance zur Vermeidung von Amputationen durch die Einleitung leitliniengerechter Interventionen wie z.B. einer Gefäßoperation.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung): Eine vaskuläre Diagnostik und gefäßchirurgische Maßnahmen sollten daher bei jedem Patienten mit AVK vor einer Amputation durchgeführt werden.