gms | German Medical Science

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Die Berücksichtigung von Empfehlungen und Leitlinien zum rationalen Antibiotikaeinsatz durch Hausärzt:innen

Meeting Abstract

  • Charlotte Oberröhrmann - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Sophie Peter - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Holger Pfaff - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Nadine Scholten - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Uniklinik Köln, Köln, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf277

doi: 10.3205/21dkvf277, urn:nbn:de:0183-21dkvf2779

Published: September 27, 2021

© 2021 Oberröhrmann et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Verschreibung von Antibiotika im ambulanten Bereich hängt eng mit der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zusammen [1]. Die Verordnungen durch Niedergelassene gehen seit einigen Jahren kontinuierlich zurück, Hausärzt:innen stellen aber immer noch die Mehrheit der Verordnungen aus und tragen zur Resistenzentwicklung bei [2]. Zur Bekämpfung der Resistenzen ist der Einsatz von Leitlinien zum rationalem Einsatz von Antibiotika von besonderer Bedeutung.

Fragestellung und Zielsetzung: Welche Rolle spielen Empfehlungen und Leitlinien zum rationalen Einsatz von Antibiotika beim Verordnungsverhalten von Hausärzt:innen und was beeinflusst die Berücksichtigung?

Methode oder Hypothese: Es erfolgte eine postalische Befragung von Hausärzt:innen aus der Kölner Metropolregion (N=1936). Der Rücklauf lag bei 20% (n=399). Auf einer Skala von 1 (Überhaupt nicht) bis 5 (Immer) wurde abgefragt, welche Rolle Empfehlungen und Leitlinien zum rationalen Antibiotikaeinsatz beim Verordnungsverhalten spielen. Neben deskriptiven Analysen wurden statistische Zusammenhänge zwischen der Berücksichtigung von Empfehlungen und Leitlinien und der Arbeitsbelastung, soziodemografischen sowie organisationalen Faktoren untersucht.

Ergebnisse: Insgesamt spielen Empfehlungen und Leitlinien laut der Hausärzt:innen eine große Rolle bei der Verordnung von Antibiotika (M=4.15; SD=0.67). Erhöhte Arbeitsbelastung hat einen signifikanten negativen Einfluss auf die Berücksichtigung der Empfehlungen und Leitlinien (p<0.01), ebenso das Alter (p<0.001). 65% der Hausärzt:innen gaben an, Fortbildungen zur rationalen Antibiotikatherapie absolviert zu haben. Dies hat einen signifikanten positiven Einfluss auf die Berücksichtigung (p<0.05). Zudem zeigt sich, dass die Berücksichtigung durch Hausärzt:innen in Praxisgemeinschaften/MVZs signifikant höher liegt als in Einzelpraxen (p<0.01). Bei den weiteren untersuchten Faktoren wurden keine signifikanten Zusammenhänge festgestellt.

Diskussion: Mit zunehmender empfundener Arbeitsbelastung und zunehmendem Alter nimmt die Berücksichtigung von Empfehlungen und Leitlinien ab. Hausärzt:innen mit absolvierter Fortbildung zur rationalen Antibiotikatherapie und Hausärzt:innen in Praxisgemeinschaften/MVZs schätzen die Rolle von Empfehlungen und Leitlinien als relevanter ein.

Praktische Implikationen: Um Empfehlungen und Leitlinien zum rationalen Antibiotikaeinsatz im ambulanten Bereich flächendeckend zu berücksichtigen, sollten Hausärzt:innen entsprechend geschult und Arbeitsgruppen gebildet werden. Mit zunehmender Sicherheit in der Leitliniennutzung, könnte dies auch bei einer erhöhten Arbeitsbelastung gewährleistet sein.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Implementierung von Antibiotic Stewardship auch im ambulanten Bereich.


Literatur

1.
Bell BG, Schellevis F, Stobberingh E, Goossens H, Pringle M. A systematic review and meta-analysis of the effects of antibiotic consumption on antibiotic resistance. BMC Infect Dis. 2014 Jan;14:13. DOI: 10.1186/1471-2334-14-13 External link
2.
Holstiege J, Schulz M, Akmatov MK, Steffen A, Bätzing J. Update: Die ambulante Anwendung systemischer Antibiotika in Deutschland im Zeitraum 2010 bis 2018 – Eine populationsbasierte Studie. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 19/07. Berlin; 2019. DOI: 10.20364/VA-19.07 External link