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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Assistenzroboter in der Pflege – eine Studie zum Vertrauen in Pflegeroboter mit Betrachtung der Berufsängste und dem Alter von Pflegekräften

Meeting Abstract

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  • Jessica Kräft - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Heidelberg, Deutschland
  • Ricarda Wullenkord - Universität Bielefeld, CITEC – Center for Cognitive Interaction Technology, Bielefeld, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf274

doi: 10.3205/21dkvf274, urn:nbn:de:0183-21dkvf2745

Published: September 27, 2021

© 2021 Kräft et al.
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Forschungsstand: Ökonomisierung und der demografische Wandel führen zu einem ausgeprägten Pflegenotstand. Assistenzroboter können entlastend Tätigkeiten übernehmen, um pflegerischen Sozialkontakt zu steigern. Europäische Studien fokussieren qualitativ die Roboterakzeptanz von Patient*innen, bei Pflegekräften wurden Faktoren mit Einfluss auf die Nutzungsabsicht ermittelt. Der Autonomiegrad sowie Ängste sind negativ mit der Nutzungsabsicht assoziiert, Vertrauen ist ein positiver Einflussfaktor.

Fragestellung: In einer quantitativen Querschnittstudie wurde der Zusammenhang zwischen dem Autonomiegrad eines Assistenzroboters, affektivem und kognitivem Vertrauen, Berufsängsten und Alter untersucht. Es wurde vermutet, dass das Vertrauen mit dem Autonomiegrad zusammenhängt.

Methode: Pflegekräfte und -schüler*innen wurden in Deutschland von Mai - Juni 2020 online befragt. Als abhängige Variablen wurden Skalen für kognitives und affektives Vertrauen (12 Items) und Subskalen der Job-Anxiety-Scale (55 Items) erfasst. Der Assistenzroboter Pepper, als Bild dargestellt, zeigte potenzielle Einsatzmöglichkeiten unterteilt in drei Autonomiegrade: nicht autonom, teil- und vollautonom. Die erwartete Unterstützung durch die Roboter, Technikerfahrung und Demografie wurden abgefragt.

Ergebnisse: Der Datensatz schloss N=241 Personen ein. Die erwartete Unterstützung wurde wie folgt bewertet: 51% für einen vollautonomen Roboter, 54% für teilautonom und 40% für nicht autonom. Die Altersgruppe <30 Jahre wies ein höheres affektives Vertrauen auf als die Altersgruppe >31 Jahre. Auf kognitives Vertrauen hatten Veränderungsängste, Bedrohungs- und Beeinträchtigungsängste signifikanten Einfluss. Affektives Vertrauen wurde signifikant von sozialen Ängste beeinflusst. Bei der Auswahl des teilautonomen Roboters hatte affektives Vertrauen einen signifikanten Einfluss.

Diskussion: Konträr zur stereotypen medialen Meinung, dass Robotik Menschen ersetzen könnte, zeigten sich bei Pflegekräften <30 Jahre hohe Werte im affektiven Vertrauen, sodass anzunehmen ist, dass eine offenere Haltung gegenüber Robotern besteht. Im Gegensatz zu bisherigen Studien wurde für teil- und vollautonome Roboter eine höhere Nutzungsabsicht berichtet als für nichtautonome Roboter, was wahrscheinlich in der erwarteten Unterstützung begründet ist.

Implikationen: Assistenzroboter werden aktuell eher testweise eingesetzt. Bezieht man den Einfluss von Ängsten und antizipierte Robotereigenschaften wie Motive, zugeschriebene Güte oder Emotionen mit ein, bedarf es zur Vertrauenssteigerung einer Kommunikations- und Informationsstrategie in den Pflegeeinrichtungen.

Appell an die Praxis: In der Covid-19 Pandemie und darüber hinaus ist die Etablierung von Pflegerobotik ein enormer Zugewinn für die Versorgung, besonders dort wo die Unterstützungslage durch Betreuungsdienste prekär ist.