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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

„Und was wurde mir gesagt: Kommen Sie einfach nur vorbei.“ – Erfahrungen von Patient*innen und Angehörigen mit einer Palliativmedizinischen Tagesklinik in Deutschland

Meeting Abstract

  • Anne Müller - Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Alfred Paul - Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, Aschaffenburg, Deutschland
  • Johannes Best - Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, Aschaffenburg, Deutschland
  • Stephanie Kunkel - Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, Aschaffenburg, Deutschland
  • Raymond Voltz - Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland; Zentrum für Versorgungsforschung Köln (ZVFK), Köln, Deutschland; Centrum für Integrierte Onkologie ABCD (CIO), Köln, Deutschland; Zentrum für Klinische Studien Köln (ZKS), Köln, Deutschland
  • Julia Strupp - Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln, Köln, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf267

doi: 10.3205/21dkvf267, urn:nbn:de:0183-21dkvf2674

Published: September 27, 2021

© 2021 Müller et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Palliativmedizinische Tageskliniken (PTK) ergänzen stationäre und ambulante Versorgung, und bieten Zugang zu multiprofessionellen Therapien. Sie gehören in Deutschland aber nicht zur Regelversorgung. Internationale Studien (Davies und Higginson 2005, Stevens et al. 2011) zeigen, dass PTKs positiven Einfluss auf z.B. die Lebensqualität haben.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Evaluation einer in Deutschland ist, Erfahrungen, Zufriedenheit, Herausforderungen und Wünsche von Patient*innen und Angehörigen, sowie mögliche Alternativen zur Versorgung in der PTK zu erfassen.

Methode oder Hypothese: Zwischen 11/2020 und 3/2021 wurden telefonische qualitative Leitfadeninterviews mit Patient*innen der PTK und Angehörigen geführt und inhaltsanalytisch nach Kuckartz mit MAXQDA ausgewertet. Vorgesetzt wurde eine soziodemographische Abfrage. Die Hypothese lautet, dass die Behandlung in der PTK neben körperlicher Symptomkontrolle die psychosoziale Stabilisierung der Patient*innen stützt.

Ergebnisse: 31 Patient*innen und 36 Angehörige wurden befragt. Im Durchschnitt waren Angehörige 60 und Patient*innen 68 Jahre alt. Über 80% der Patient*innen hatten eine Krebserkrankung und über 60% lebten während der Behandlung mit mind. einer weiteren Person im Haushalt, 15% lebten alleine. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass Befragte an der PTK den direkten Zugang zu Behandelnden schätzen. Sie wurden als zuverlässig und vertrauenswürdig eingeschätzt. Das Gefühl von Sicherheit, Verfügbarkeit von Therapien und Zeit, die Behandelnde sich nehmen, wurden positiv berichtet. Als Alternative sahen einige weitere stationäre Aufenthalte, die Notaufnahme oder die Versorgung durch niedergelassene Haus-/Fachärzt*innen. Doch es besteht Sorge, dort nicht bedarfsgerecht behandelt und informiert zu werden. Insgesamt schätzen Patient*innen und Angehörige die Behandlung meist alternativlos und hatten Sorge, ohne PTK keine adäquate palliative Versorgung zu erhalten.

Diskussion: Die untersuchte PTK ist ein Modellprojekt. Analog zeigen internationale Studien, dass die Zufriedenheit mit der Behandlung hoch ist. Für einen umfassenden Einblick wurde auch die Sichtweise von Angehörigen einbezogen. Die meisten Befragten können sich eine Alternativversorgung nicht vorstellen oder haben zuvor unzureichende Erfahrung mit solcher gemacht. Vergleiche von Alternativen durch die Befragten lassen vermuten, dass die PTK eine eigene Zielgruppe in der palliativen Versorgungslandschaft – insbesondere der palliativen Frühintegration – anspricht.

Praktische Implikationen: Aus Sicht von Betroffenen schafft die PTK eine angemessene ambulante Palliativversorgung und vermittelt Sicherheit im Umgang mit der eignen Erkrankung. Krankenhausaufenthalte konnten hinausgezögert werden. Eine alternative Versorgungsform erscheint den Befragten in der Form nicht vorzuliegen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die PTK spricht eine Zielgruppe an, die künftig in weiteren PTKs bedient werden sollte, damit die frühzeitige palliative Versorgung der Zielgruppe gegeben ist.