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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Einflussfaktoren auf die Datenspendebereitschaft von Health Self-Trackern – ein Experiment

Meeting Abstract

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  • Katharina Pilgrim - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft, Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten, Deutschland
  • Sabine Bohnet-Joschko - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft, Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf251

doi: 10.3205/21dkvf251, urn:nbn:de:0183-21dkvf2516

Published: September 27, 2021

© 2021 Pilgrim et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Health Self-Tracking wird als evidenzbasierter Ansatz zur persönlichen Verbesserung durch Lebensstilveränderungen wahrgenommen. Nutzer besitzen den Wunsch, digitale Technologien wie Wearables zur Optimierung von Gesundheit und Wohlbefinden einzusetzen. Aus der Forschung bekannte Gründe für Health Self-Tracker, ihre Daten zu teilen, sind damit verbundene Gegenleistungen sowie Bedürfnisse nach Selbstdarstellung, Vergleich und Zugehörigkeit.

Fragestellung und Zielsetzung: Selbst erhobene gesundheitsbezogene Daten können für die (Versorgungs-)Forschung einen besonderen Mehrwert darstellen. Als Längsschnittdaten können sie die Grundlage für die Entwicklung neuer und wirksamerer Medikamente, die schnellere Diagnose seltener Krankheiten oder die Behandlung chronischer Krankheiten bilden. Die Studie verfolgt das Ziel, nicht-monetäre Motive für eine freiwillige Datenspende unter Health Self-Trackern in Deutschland zu untersuchen.

Methode oder Hypothese: Über eine grafische Manipulation der Tracking-Applikation Runtastic wurde eine randomisierte kontrollierte Studie in einem Online-Experiment realisiert. Die insgesamt 5 unabhängigen Gruppen wurden jeweils nach der Wahrscheinlichkeit, ihre getrackten Daten für die Forschung zu spenden, gefragt. Die Kontrollgruppe erhielt keinen Gegenwert. Den 4 Untersuchungsgruppen wurde jeweils ein Gegenwert in Aussicht gestellt: 2 unterschiedliche egoistische, einen pseudo-prosozialen sowie einen prosozialen.

Ergebnisse: Ein Datenset von N=919 wurde generiert mit 68% Frauen und 32% Männern. Dabei teilen sich die 5 Gruppen gleichmäßig zu 20% auf. Eine statistische Berechnung der jeweiligen Gruppenvergleiche zeigt, dass speziell Männer mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit (p=0.037) und schwacher Effektstärke (r= 0.21) ihre selbst getrackten Daten der Forschung spenden würden, wenn ein prosozialer Mehrwert in Aussicht gestellt wird (hier konkret: Leisten eines Beitrages für die Gesellschaft) im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne ausgelobten Gegenwert. Egoistische oder pseudo-prosoziale Gegenwerte hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Gesundheitsdatenspendenbereitschaft.

Diskussion: Während Befragungen regelmäßig eine 80 bis 95%ige Datenspendebereitschaft im Bevölkerungsdurchschnitt erheben, zeigt das Ergebnis dieses Experiments, dass lediglich rund 45% der Health Self-Tracker ihre selbsterhobenen Gesundheitsdaten auch für die Forschung spenden würden. Während egoistische Motive keinen signifikanten Einfluss auf die Spendenbereitschaft haben, konnte durch Verknüpfung der Datenspende mit einem gesellschaftlichen Mehrwert die Wahrscheinlichkeit zur Spende erhöht werden.

Praktische Implikationen: Die Bereitschaft von Personen, selbst getrackte Gesundheitsdaten für die Wissenschaft zu spenden kann durch das Framing der Anfrage positiv beeinflusst werden.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Prosoziale Motive fördern die Datenspendebereitschaft unter Health Self-Trackern und sind bei Kampagnengestaltungen zur Gesundheitsdatenspende hervorzuheben.