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Anforderungen an eine Plattform zur Telediagnostik und -therapie für Menschen mit neurologischen Sprachstörungen im Projekt TELL: Eine qualitative Studie
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Published: | September 27, 2021 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Teletherapie kann nicht nur in Krisenzeiten einen wichtigen Baustein der logopädischen Versorgung darstellen, sondern generell den Zugang zur Intervention erleichtern, die Therapiefrequenz erhöhen und Kosten reduzieren (Keck & Doarn [1]). Menschen mit neurogenen Sprachstörungen (Aphasie) können von Teletherapie in gleichem Maße profitieren wie von Präsenztherapie (Cordes et al. [2]). Die Techniknutzung stellt für sie allerdings eine Herausforderung dar (Menger et al. [3]). Daher wird im Projekt TELL eine Plattform spezifisch für Einzel- und Gruppentherapien mit Menschen mit Aphasie entwickelt, die auch ein Diagnostik- und Managementtool umfasst. Bisher werden nur wenige spezifische Voraussetzungen für digitale Lösungen für Menschen mit Aphasie beschrieben, z.B. die Nutzung leichter Sprache.
Fragestellung und Zielsetzung: Welche Anforderungen formulieren zukünftige Anwender*innen an eine Plattform für Telediagnostik und -therapie für Menschen mit Aphasie?
Methode: Über ein Videokonferenzsystem wurde je eine Fokusgruppe mit Menschen mit chronischer Aphasie (n=4) bzw. Logopäd*innen (n=5) durchgeführt. Es wurde jeweils ein semi-strukturierter Leitfaden eingesetzt, der um eine teilnehmende Beobachtung ergänzt wurde. Die Auswertung erfolgte in Anlehnung an die strukturierte qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring [4].
Ergebnisse: Die Anforderungen umfassen die Bereiche Vorbereitung (z.B. Erklärvideos), Technik (z.B. Einloggmöglichkeiten, Hardware-Eigenschaften), Design (z.B. Icongestaltung) und Implementierung (z.B. Kosten). Zusätzlich wurden Anforderungen für die geplante Therapie und Diagnostik sowie das Therapiemanagement spezifiziert, die u.a. Hilfestellungen oder Terminplanungen betreffen.
Diskussion: Die bekannten Anforderungen an eine Interventionsplattform konnten deutlich erweitert und konkretisiert werden. Im Sinne des User-Centered-Designs werden die zukünftigen Anwender*innen durch Workshops in den weiteren Entwicklungsprozess iterativ eingebunden.
Praktische Implikationen: Der detaillierte Anforderungskatalog ermöglicht eine zielgruppenspezifische Entwicklung und lässt eine barrierefreie Nutzung erwarten.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Partizipative Forschung im Bereich Telerehabilitation mit zukünftigen Anwender*innen kann wesentlich zur zielgruppenspezifischen Anpassung der technischen Lösung beitragen.
Literatur
- 1.
- Keck CS, Doarn CR. Telehealth technology applications in speech-language pathology. Telemed J E Health. 2014 Jul;20(7):653-9. DOI: 10.1089/tmj.2013.0295
- 2.
- Cordes L, Loukanova S, Forstner J. Scoping Review über die Wirksamkeit einer Screen-to-Screen-Therapie im Vergleich zu einer Face-to-Face-Therapie bei Patient*innen mit Aphasie auf die Benennleistungen. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2020 Nov;156-157:1-8. DOI: 10.1016/j.zefq.2020.08.002. Epub 2020 Oct 5
- 3.
- Menger F, Morris J, Salis C. The impact of aphasia on Internet and technology use. Disabil Rehabil. 2020 Oct;42(21):2986-96. DOI: 10.1080/09638288.2019.1580320
- 4.
- Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse, Grundlagen und Techniken. 11. Aufl. Berlin: Beltz Verlag; 2010.