gms | German Medical Science

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Hat der Schweregrad von Einschränkungen bei geriatrischen Patienten Einfluss auf die Versorgungsintensität? Eine Analyse aus dem RubiN Projekt

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Simone Gloystein - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abt. Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland
  • Neeltje van den Berg - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abt. Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf210

doi: 10.3205/21dkvf210, urn:nbn:de:0183-21dkvf2101

Published: September 27, 2021

© 2021 Gloystein et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Der Anteil der über 70-Jährigen in der Bevölkerung wird sich in den nächsten 10 Jahren in Deutschland weiter erheblich erhöhen. Damit geht ein Anstieg geriatrischer Erkrankungen und Einschränkungen einher. Wichtiges Ziel bei geriatrischen Patienten ist eine möglichst lange Verweildauer in der eigenen Häuslichkeit unter Nutzung von Unterstützungspotenzialen. Dazu sollen möglichst frühzeitig die Patienten ermittelt werden, die einen geriatrischen Versorgungsbedarf haben. Im Rahmen eines Innovationsfondsprojektes wurde ein Case Management als Intervention für Patienten über 70 Jahre umgesetzt, die in Hausarztpraxen auf der Basis des Screening-Instrumentes Angelina als geriatrische Patienten identifiziert wurden. Es wurde untersucht, ob die Versorgungsintensität mit zunehmendem Schweregrad der geriatrischen Einschränkungen zunimmt.

Methode: Im Angelina-Fragebogen wurden für sieben geriatrische Themenkomplexen (Wohnen/Hilfebedarf; Medikation; Mobilität; Sinne; Krankenhaus; Kognition; Stimmung) aktuell vorliegende Einschränkungen des Patienten erhoben. Anhand der Score- Werte des Angelina-Fragebogens wurde für jeden Patienten nach Einschluss in die Studie eine Schweregradzuweisung vorgenommen. Die durch die Casemanager erbrachten Versorgungsleistungen wurden kategorisiert nach medizinischen, pflegerischen, therapeutischen und sozialen Beratungsinhalten dokumentiert. In einer linearen multivariaten Analyse wurde ermittelt, ob der Schweregrad der Einschränkungen eine Determinante für die Versorgungsintensität ist. Außerdem wurde analysiert, für welche Themenkomplexe am häufigsten Versorgungsbedarf bestand und welche Art der Leistungen durch die Casemanager durchgeführt wurden.

Ergebnisse: Es wurden 660 Patienten in die Analyse eingeschlossen. 80% dieser Patienten wurden wegen ihrer Scorewerte dem höchsten Schweregrad zugeordnet. Die Patienten weisen am Häufigsten Probleme in den Themenkomplexen „Wohnen/Hilfebedarf“ (n=625), „Medikation“ (n=506) und „Mobilität“ (n=470) auf. Im Durchschnitt erhielten die Patienten 10 Kontakte mit einer Casemanagerin. In 6.017 Kontakten wurden medizinische und in 6.113 Kontakten wurden soziale Beratungsleistungen erbracht. Um die Kategorien „pflegerische Beratungsinhalte“ und „soziale Beratungsinhalte“ ging es in 1.146 bzw. 1.248 Kontakten. Am häufigsten wurde beraten zu Aspekten der Krankenversicherung (SGB V) (n=2.840), gefolgt von der Pflegeversicherung (SGB XI) (n=1.959). Wesentliche Beratungsleistungen erfolgten auch in den Bereichen „Weiterleitung an einen Facharzt“ (n=826) und „Informationen zu … (z.B. Haushaltshilfe, Hilfsmittel, Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen)“ (n= 504). Die multivariate Analyse zeigte eine signifikant höhere Versorgungsintensität für Patienten mit einer höheren Schweregradeinstufung.

Diskussion: Das Screeningverfahren zur Identifikation geriatrischer Patienten in den Hausarztpraxen (Angelina) kann als guter Prädiktor von erforderlicher Versorgungsintensität bei geriatrischen Patienten dienen. Aus den ermittelten Scorewerten lassen sich Versorgungs- und Hilfebedarfe ableiten, die eine gute Basis für die Planung und Durchführung von Casemanagement bilden.