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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

INDEED (Inanspruchnahme und sektorenübergreifende Versorgungsmuster von Patient*innen in Notfallversorgungsstrukturen in Deutschland) – Vergleich ambulanter Notfalldiagnosen in drei unabhängigen Routinedatenquellen

Meeting Abstract

  • Antje Fischer-Rosinský - Charité Universitätsklinikum Berlin, Deutschland
  • Ryan King - Charité Universitätsklinikum Berlin, Deutschland
  • Marie-Luise Rosenbusch - Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung, Deutschland
  • Patrik Dröge - Wissenschaftliches Institut der Ortskrankenkassen (AOK), Deutschland
  • Christian Lüpkes - Institut für Informatik e.V. (OFFIS), Deutschland
  • Thomas Keil - Charité Universitätsklinikum Berlin, Deutschland
  • Anna Slagman - Charité Universitätsklinikum Berlin, Deutschland
  • Martin Möckel - Charité Universitätsklinikum Berlin, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf140

doi: 10.3205/21dkvf140, urn:nbn:de:0183-21dkvf1402

Published: September 27, 2021

© 2021 Fischer-Rosinský et al.
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Hintergrund: Mit jährlich ca. 20 Mio. Patienten ist die Inanspruchnahme von Notaufnahmen ein hoch relevantes Versorgungsthema. Bisher fehlen Daten um das Patientenaufkommen in den Notaufnahmen abzubilden, um eine bedarfsgerechte Anpassung umsetzen zu können.

Fragestellung und Zielsetzung: Vergleich demographischer und klinischer Charakteristika in Notfallpatient*innen in Deutschland aus drei verschiedenen Routinedatenquellen.

Methode oder Hypothese: Die Analyse wird in drei unterschiedlichen Datenkörpern (Szenario 1-3) unterschiedlicher Datenherkunft durchgeführt. Den zentralen Datenkörper bildet Szenario 1. Dieser beinhaltet die routinemäßig erhobenen Krankenhausnutzdaten zur Notaufnahmebehandlung und zum Krankenhausaufenthalt aus 16 Notaufnahmen deutschlandweit im Kalenderjahr 2016, verknüpft mit den ambulanten Abrechnungsdaten dieser Patient*innen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) für den Zeitraum zwei Jahre vor bis ein Jahr nach Notaufnahmeaufenthalt (2014–2017). Die entsprechenden Vergleichsdaten werden durch die Szenarien 2 und 3 verfügbar gemacht. In Szenario 2 werden die bundesweiten ambulanten Abrechnungsdaten der KVen und in Szenario 3 die AOK-Versichertendaten analysiert.

Ergebnisse: In Szenario 1 sind insgesamt Daten von 454.926 Notaufnahmekontakten verfügbar, wobei ca. 60% der Fälle nur ambulant (d.h. ohne stationäre Aufnahme) behandelt wurden. Vergleichend werden in Szenario 2 Daten von Patienten analysiert, für die im Jahr 2016 ambulante Notfallbehandlungen in Krankenhäusern abgerechnet wurden. Für die Auswertung der Daten in Szenario 3 wurden 2.161.437 Patienten der AOK-Versicherung identifiziert. Die hier vorzustellende vergleichende Analyse betrachtet die ambulanten Notfalldiagnosen dieser drei Datenkörper.

Zum aktuellen nicht finalen Stand der Analysen zeigt sich bisher konsistent in den Top10 der ambulanten Notfalldiagnosen der Dreisteller M54 „Rückenschmerzen“ und R10 „Bauch- und Beckenschmerzen“, sowie ein hoher Anteil an Diagnosen aus Kapitel XIX des ICD „Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen“.

Diskussion: Die vergleichenden Analysen von Notfallpatienten ermöglichen Ergebnisse, welche bisher nur aus wenigen Studien hervorgehen, aber häufig unizentrisch durchgeführt wurden, sich auf indirekte Daten beziehen oder nur eine Datenquelle nutzten konnten. Die ermittelten Dreisteller sowie das Kapitel XIX sind auch den ambulant sensitiven Krankenhausfällen zuzuordnen. Dies impliziert den dringenden Bedarf der Versorgungsanpassung, wie zum Beispiel die Kontinuität der ambulanten Versorgung und Weitervermittlung in ambulante Strukturen zu fördern.

Praktische Implikationen: In Bezug auf die ermittelten ambulanten Notfalldiagnosen, können entsprechend fokussierte Anpassungen der medizinischen Versorgung modelliert und gezielte Interventionen geplant werden.

Appell für die Praxis: Durch die sektorale Trennung sind Daten zu Notaufnahmebehandlungen noch nicht sektorenübergreifend verfügbar, welche für die evidenzbasierte Anpassung der Versorgung zwingend erforderlich wären.