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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

„Wie ich mir mein Lebensende (nicht) vorstelle“ – Ergebnisse einer qualitativen Befragung zu gesundheitlicher Vorausplanung

Meeting Abstract

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  • Lena Stange - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Abteilung Ethik in der Medizin, Oldenburg, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf114

doi: 10.3205/21dkvf114, urn:nbn:de:0183-21dkvf1149

Published: September 27, 2021

© 2021 Stange.
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Hintergrund und Stand nationaler Forschung: Für die Gesundheitsversorgung am Lebensende werden Patientenverfügungen als Ausdruck des selbstbestimmten Willens des/der Verfasser/in in Bezug auf medizinische und pflegerische Behandlungen am Lebensende angesehen. Der medizinethische und -rechtliche Diskurs um Instrumente der Vorausplanung fokussiert bislang das individuelle Selbstbestimmungsrecht am Lebensende und die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen. Die Frage nach den zugrundeliegenden Vorstellungen von Kranksein, Altern und Tod sowie damit einhergehenden Werturteilen bei der inhaltlichen Ausgestaltung solcher Vorausverfügungen blieb bislang jedoch weitgehend unberücksichtigt.

Fragestellung und Zielsetzung: Welche Bedeutung haben Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit, Altern, Sterben und Tod und wie beeinflussen diese Vorstellungen den Umgang mit gesundheitlichen Vorausverfügungen? Welche individuellen Werte und Wünsche spielen in Bezug auf das Lebensende eine Rolle? In einer Studie werden diese individuellen Sichtweisen aus einer ethischen Perspektive analysiert und im Kontext gesundheitlicher Vorausplanung bewertet.

Methode: Im Rahmen einer qualitativen Interviewstudie werden 16 Personen in vier lebensphasenspezifischen Altersgruppen zu Erfahrungen, Assoziationen und Vorstellungen in Bezug auf Gesundheit, Krankheit, Altern, Sterben und Tod befragt. Die Auswertung erfolgt stufenweise: Vorstrukturierung des Materials (qualitative Inhaltsanalyse), Identifikation der Leitmotive (Thematic Analysis), Erfassung spezifischer Motive (Metaphernanalyse), Formulierung subjektiver Theorien.

Ergebnisse: Es werden erste Ergebnisse der Befragung vorgestellt und in Bezug auf Selbstbestimmung einerseits und eine wertegeleitete Vorausplanung andererseits diskutiert. Dabei wird eine Typologie individueller Lebensorientierungen im Kontext der Ausgestaltung gesundheitlicher Vorausverfügungen vorgestellt und gezeigt, welche Bedeutung die inhaltliche Ausgestaltung für Überlegungen zur Implementierung von Vorausverfügungen hat.

Diskussion: Die Wahrung der Patientenautonomie sowie die Vermittlung von Handlungsoptionen bei Vorausverfügungen bleiben gesundheitspolitisch und medizinethisch hochrelevant. Doch nur wenn sich Verfasser/innen einer gesundheitlichen Vorausverfügung über die Wertimplikationen ihrer Behandlungspräferenzen am Lebensende bewusst sind, können sie genuin selbstbestimmte Entscheidungen treffen. Die Ergebnisse sollen den Fachdiskurs über Vorausverfügungen bereichern und ausdifferenzieren und so den Umgang mit Patientenverfügungen in der Versorgungslandschaft voranbringen.

Praktische Implikationen: Die Studie ist für die individuelle Erstellung von Vorausverfügungen relevant und liefert Entscheidungsträgern und Leistungserbringern in Hospiz- und Palliativversorgung wichtige Informationen für die Implementierung von gesundheitlichen Vorausverfügungen.

Appell für die Praxis: Um Selbstbestimmung am Lebensende durch Vorausverfügungen angemessen zur Geltung zu bringen, müssen auch die dabei involvierten individuellen Lebensorientierungen stärker ernstgenommen und besser verstanden werden.