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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Inanspruchnahme von palliativmedizinischen Leistungen innerhalb der letzten sechs Lebensmonate im bundesweiten Vergleich

Meeting Abstract

  • Kilson Moon - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland
  • Maren Leiz - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland
  • Laura Rehner - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland
  • Wolfgang Hoffmann - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland
  • Neeltje van den Berg - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf109

doi: 10.3205/21dkvf109, urn:nbn:de:0183-21dkvf1097

Published: September 27, 2021

© 2021 Moon et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Jeder schwerkranke sterbende Mensch hat einen Anspruch auf eine Palliativversorgung (PV). Unabhängig von Diagnose, Alter, Wohnort und wirtschaftlichen Aspekten sollte ein Zugang zur Hospiz- und Palliativversorgung ermöglicht werden.

Fragestellung:

1.
Wie viele verstorbene Personen wurden in den letzten 6 Lebensmonaten palliativmedizinisch versorgt und wie viele davon erhielten eine multiprofessionelle spezialisierte PV?
2.
Gibt es Unterschiede bei der Inanspruchnahme zwischen den Bundesländern und innerhalb der Bundesländer auf Ebene der Landkreise?

Methodik: Es wurden anonymisierte Abrechnungsdaten von verstorbenen Versicherten der Techniker Krankenkasse (TK) für den Zeitraum 2016 bis 2018 analysiert. Die Identifikation von Palliativpatienten erfolgte anhand palliativspezifischer ambulanter Gebührenordnungspositionen sowie stationärer Operations- und Prozedurenschlüssel. Die SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung), die KV (Kassenärztliche Vereinigung)-spezifische AAPV (allgemeine ambulante Palliativversorgung) in Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie die Versorgung auf einer Palliativstation, durch Palliativkonsiliardienste und im Hospiz wurden der Kategorie multiprofessionelle spezialisierte PV zugeordnet. In die Analyse wurden Versicherte eingeschlossen, die in den letzten 6 Monaten vor dem Versterben durchgängig bei der TK versichert waren. Der Anteil der Palliativpatienten unter den TK-Versicherten in den Landkreisen wurde kartographisch bundesweit auf Ebene der Landkreise visualisiert.

Ergebnisse: Für die Jahre 2016–2018 wurden 138.936 verstorbene TK-Versicherte identifiziert. Davon erhielten in den letzten 6 Lebensmonaten bundesweit 34% (geringster Anteil 27% in Bremen und höchster Anteil 41% in Bayern) der Verstorbenen mindestens eine palliativmedizinische Behandlung. 22% der Verstorbenen (geringster Anteil 13% in Bremen und höchster Anteil 27% in Brandenburg) erhielten in den letzten 6 Lebensmonaten mindestens eine multiprofessionelle spezialisierte PV. Es gab Unterschiede in der Inanspruchnahme nicht nur zwischen den Bundesländern, sondern auch zwischen den Landkreisen innerhalb der einzelnen Bundesländer. Beispielsweise variiert der Anteil der Inanspruchnahme der PV innerhalb Bayerns auf Ebene der Landkreise zwischen 26 und 63%.

Diskussion: Die Inanspruchnahme der PV ist regional sehr unterschiedlich, dies gilt insbesondere für die spezialisierte PV. Ursache einer geringen Inanspruchnahme der PV in bestimmten Regionen können gering ausgebildete Versorgungsstrukturen oder andere Versorgungsmodelle (z.B. KV-spezifische Versorgungsmodelle in Nordrhein und in Westfalen-Lippe) in der Palliativmedizin sein.

Praktische Implikationen: Es bedarf weiterer Forschung, um zu klären, worauf regionale Unterschiede in der PV zurückzuführen sind und wie diese verringert werden können, so dass eine hohe Versorgungsgerechtigkeit erreicht wird.

Appell für die Versorgung: Eine frühzeitige Integration der PV für unheilbar kranke Menschen ist notwendig und sollte nicht von regionalen Strukturen abhängig sein.