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Die „uninformierte“ Einwilligung in der klinischen Forschung mit Krebskranken: Eine Ist-Analyse mittels qualitativer Interviews mit Patient/-innen, Angehörigen und Experten/-innen und die Entwicklung möglicher Lösungsstrategien
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Published: | September 27, 2021 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Klinische Studien sind von entscheidender Bedeutung, um die Wirksamkeit und Effektivität neuer Behandlungen zu bewerten und ihre Umsetzung in die klinische Praxis sicherzustellen. Die Patienten/-innen müssen die ihnen zur Verfügung gestellten Studieninformationen und Einverständniserklärungen verstehen, um eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob sie an einer bestimmten Studie teilnehmen möchten oder nicht. Dazu gehört auch, dass sie den potenziellen Nutzen, die Risiken und Limitationen der jeweiligen Studie begreifen. Nach dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG, § 40 Abs. 2 S. 1) und dem Medizinproduktegesetz (MPG, § 20 Abs. 1 S. 4 Nr. 2) müssen Patienten/-innen über Ziele, Inhalt und mögliche Auswirkungen jeder Studie aufgeklärt werden. Dies führt oft dazu, dass die Patienten/-innen mit einer beträchtlichen Menge an komplexen Informationen konfrontiert werden. Viele von ihnen lesen die umfassenden Einverständniserklärungen für klinische Studien kaum oder gar nicht und willigen ein, ohne die ihnen gegebenen Informationen verstanden zu haben, was als „uninformierte“ Einwilligung bezeichnet wird. Einige Studien haben untersucht, wie Einwilligungsprozesse umgestaltet werden könnten, um die Entscheidungsfähigkeit der Patienten/-innen hinsichtlich der Teilnahme an klinischen Studien zu verbessern. Die Evidenzbasis hierzu ist jedoch noch lückenhaft.
Fragestellung und Zielsetzung: Inwieweit verstehen Krebskranke und ihre Angehörigen die im Rahmen der Studienaufklärungen zur Verfügung gestellten Informationen? Die Kommunikationserfahrungen der Teilnehmenden im Hinblick auf den Einwilligungsprozess werden ebenfalls abgefragt. Welche Sichtweisen haben Experten/innen verschiedener Fachrichtungen (u.a. Juristen/-innen, Ethiker/-innen, Ärzte/-innen, Kommunikations-wissenschaftler/-innen und Psychologen/-innen) auf etwaige Probleme im Zusammenhang mit Einwilligungsprozessen in (internationalen) klinischen Studien? Ausgehend von diesen Erkenntnissen werden neue, evidenzbasierte Strategien entwickelt, die nachhaltig in die klinische Praxis implementiert werden können, um „uninformierte“ Einwilligungen zu vermeiden.
Methode: Es werden halbstrukturierte, narrative Interviews mit Krebskranken, ihren Angehörigen und Experten/-innen verschiedener Fachrichtungen geführt. Recall und Verständnis der Krebskranken und ihrer Angehörigen werden mittels gezielter Fragen zum Inhalt des Einwilligungsprozesses erhoben. Die Leitfäden werden zu Beginn der Datenerhebung mit Patienten/innen, Angehörigen und Experten/innen pilotiert. Die Datensammlung wird beendet, sobald theoretische Sättigung erreicht ist und weitere Datenerhebung nicht zu zusätzlichem Erkenntnisgewinn führen würde. Die Interviews werden wörtlich transkribiert und mithilfe der Framework-Analyse ausgewertet. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen und mithilfe einer multidisziplinären Arbeitsgruppe werden innovative Strategien entwickelt, geprüft und optimiert, die helfen, Einwilligungsprozesse im Zusammenhang mit klinischen Studien in der Onkologie zu verbessern.