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Repräsentativitätsbetrachtungen auf Basis von primären und sekundären Daten – Ergebnisse und Empfehlungen aus dem Netzwerk für Versorgungsforschung in der Notfall- und Akutmedizin (EMANet)
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Published: | September 27, 2021 |
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Bislang liegen kaum forschungspraktische Erfahrungen und Empfehlungen zur Umsetzung von Versorgungsstudien in der Notfall- und Akutmedizin vor. Das Erreichen von aussagekräftigen Rekrutierungszahlen und die Repräsentativität von Populationen bilden ein Ziel der Studienplanung und -durchführung. Umfang und Zusammensetzung von primären und sekundären Stichproben sowie Selektionseffekte sind Faktoren, die die Güte empirischer Studien beeinflussen. Hintergrund des Beitrages stellen Erfahrungen aus der Datenerhebung des Forschungsnetzwerkes EMANet dar. Ziel des Netzwerkes ist die Identifikation, Entwicklung und Implementierung von Ansätzen zur optimierten Gesundheitsversorgung in der Notfall- und Akutmedizin.
Der Beitrag untersucht, unter Rückgriff auf Daten aus Krankenhausinformationssystemen (KIS), die Repräsentativität von drei Primärdatenpopulationen. Ziel ist es, potenzielle systematische Verzerrungen zu identifizieren, den Wert von Sekundärdaten für die Einschätzung der Repräsentativität von Primärdaten zu qualifizieren sowie methodische Konsequenzen für die Durchführung von Forschungsprojekten in der Notfallversorgung zu diskutieren.
In der multizentrischen Mixed-Methods-Studie EMANet wurden prospektiv quantitative Primärdaten (n=1435) von Notaufnahme-Patient*innen aus acht teilnehmenden Notaufnahmen sowie Routinedaten aus den respektiven KIS (n=10922) erhoben. Zielpopulationen waren Patient*innen mit drei Modellerkrankungen, die anhand definierter Einschlussdiagnosen bzw. -symptomen identifiziert wurden. Die Zusammensetzung und Häufigkeitsverteilungen in den Populationen werden anhand von sozialstrukturellen (Alter, Geschlecht) und gesundheitsbezogenen Variablen (Triage, Transport, Fall- und Entlassart, Multimorbidität) vergleichend analysiert.
Unterschiede in den Verteilungen finden sich in annähernd allen Variablen. Sie sind durch die Merkmale der primären Rekrutierung (z.B. Rekrutierungszeiten, Altersbegrenzung, Non-Response, Sprachvoraussetzungen) und durch die projektspezifischen Einschlusskriterien (Modellerkrankungen) beeinflusst. Die KIS-Daten umfassen hingegen eine vollständige Notaufnahme-Population. Die Primär- und Sekundärdatenerhebungen greifen auf unterschiedliche Fallidentifikationen (Diagnosen bzw. Leitsymptome) zurück, was die Vergleichbarkeit der Populationen beeinflusst.
Der Beitrag diskutiert aus der Forschungspraxis abgeleitete Empfehlungen für die Rekrutierung und Planung von Primärdatenerhebungen sowie die Verknüpfung von Ergebnissen aus Primär- und Sekundärdatenquellen. Die Analyse der Zusammensetzung und Repräsentativität der EMANet-Datenbasen ist von allgemeinem Interesse für Projekte der Versorgungsforschung in der Notfallmedizin.
Zwischen primären und sekundären Datenquellen anhand der erwarteten und praktisch erreichbaren Repräsentativität abzuwägen, ist eine entscheidende Voraussetzung für die Durchführung von aussagekräftigen Studien in der Versorgungsforschung.