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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Ärztliche Zuweisung zur psychoonkologischen Versorgung an einem Onkologischen Spitzenzentrum unter Gesichtspunkten der Zugänglichkeit, Rechtzeitigkeit und Adhärenz

Meeting Abstract

  • Anne Klein - Uniklinik Köln, MED I – Klinische Psychoonkologie, Köln, Deutschland
  • Vera Schiewer - Uniklinik Köln, MED I – Klinische Psychoonkologie, Köln, Deutschland
  • Hildegard Labouvie - Uniklinik Köln, MED I – Klinische Psychoonkologie, Köln, Deutschland
  • Michael Kusch - Uniklinik Köln, MED I – Klinische Psychoonkologie, Köln, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf090

doi: 10.3205/21dkvf090, urn:nbn:de:0183-21dkvf0905

Published: September 27, 2021

© 2021 Klein et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: In Deutschland erkranken jährlich ca. 500.000 Menschen an Krebs. Viele Patienten sind aufgrund ihrer Erkrankung erheblich psycho-sozial belastet. Der Nationale Krebsplan (NKP) fordert daher, dass alle Krebspatienten bei Bedarf eine angemessene psychoonkologische Versorgung (PV) erhalten. Studien zeigen jedoch, dass nur 9% der Patienten während der Krebstherapie ein PV erhalten. Das durch den Innovationsfonds beim G-BA geförderte Projekt isPO (integrierte, sektorenübergreifende Psychoonkologie) setzt die Forderung des NKP um, onkologische Versorgungsstrukturen zu entwickeln, die einen Zugang zur PV sicherstellen. Die neue Versorgungsform isPO (nVF-isPO) sieht für diese Zwecke einen strukturierten Versorgungspfad (VP) vor, der die vertikale Versorgungskoordination und -kooperation im Prozess der ärztl. Zuweisung zur PV sicherstellt. Im VP erfolgt, unmittelbar nach der Patientenaufnahme (T1), eine ärztl. Aufklärung (T2) zur nVF-isPO. Anschließend wird der Patient mittels eines sog. Empfehlungsscheines zur Psychoonkologie zugewiesen (T3) und nach vertiefter Aufklärung durch das isPO-Casemanagement (T4) in die nVF-isPO eingeschrieben (T5). Die nVF-isPO stellt eine, die Krebstherapie begleitende, 12-monatige PV im ärztl. Auftrag dar und wird auf Basis eines Vertrages nach § 140a SGB V erbracht.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Projekt wurden Fragen zu fördernden und hemmenden Faktoren der Zugänglichkeit sowie Rechtzeitigkeit und Adhärenz der ärztl. Zuweisung an einer Teilstichprobe untersucht.

Methode oder Hypothese: Zur Beantwortung der Fragen wurde ein explanatives Mixed-Methods-Design herangezogen. Qualitative Daten wurden mittels Experteninterviews mit Ärzten erhoben, quantitative Daten wurden den Empfehlungsscheinen, dem Medizincontrolling sowie dem IT-System CAPSYS (Computerbasiertes Assistenzsystem Psychoonkologie) entnommen.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass in 24 Monaten N= 4.214 Patienten ärztlicherseits zur nVF-isPO zugewiesen wurden. Die Zuweisungen je Fachklinik verteilen sich auf 0% und 24%. Untersuchungen zur Rechtzeitigkeit der PV ergaben eine Prozessdauer (T1-T5) von 42 Tagen (SD= 43,8). Zwischen Aufnahmen (T1) und ärztl. Aufklärung (T2) liegt die Dauer bei ca. 21 Tage. Ein Vergleich der quantitativen und qualitativen Ergebnisse zeigt, dass Abweichungen vom VP die Rechtzeitigkeit und Zugänglichkeit mindern.

Diskussion: Besonders die Schnittstelle zwischen ärztl. Zuweisung und der PV ist für die Versorgungsqualität ausschlaggebend. Faktoren wie hoher Arbeitsaufwand und Zeitdruckt hemmen eine zeitnahe ärztl. Aufklärung zur PV.

Praktische Implikationen: Die Awareness für die Relevanz einer angemessene ärztl. Zuweisung zur PV stärken.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Vertikale Versorgungskoordination und -kooperation vermehrt untersuchen, um die fördernden und hemmenden Faktoren der Zugänglichkeit zur PV besser zu verstehen.