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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Antibiotika-Resistenzentwicklung nachhaltig abwenden – Welche Interventionen zeigen den meisten Erfolg?

Meeting Abstract

  • Petra Kaufmann-Kolle - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland
  • Edith Andres - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland
  • Dorothea Kronsteiner - Institut f. Med. Biometrie u. Informatik UK Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Regina Poß-Doering - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Veit Wambach - Qualität und Effizienz eG, Nürnberg, Deutschland
  • Julian Bleek - AOK-Bundesverband, Berlin, Deutschland
  • Joachim Szecsenyi - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf080

doi: 10.3205/21dkvf080, urn:nbn:de:0183-21dkvf0803

Published: September 27, 2021

© 2021 Kaufmann-Kolle et al.
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Text

Hintergrund: Die Resistenzentwicklung von bakteriellen Erregern gegen Antibiotika wird u.a. von den eingesetzten Wirkstoffen, der Art der Anwendung und vom Gesamtverbrauch an Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin beeinflusst. Erfahrungen anderer zeigen, dass im Zuge einer Senkung des Antibiotika-Verbrauchs Resistenzen abnehmen.

Zielsetzung: ARena („Antibiotika-Resistenzentwicklung nachhaltig abwenden“, 01NVF16008, ISRCTN 58150046) untersuchte, welche Strategien den rationalen Antibiotika-Einsatz im ambulanten Bereich fördern.

Methode: ARena ist eine 3-armige cluster-randomisierte Studie in 14 Arztnetzen aus Bayern (12) und Nordrhein (2), die in 196 vorwiegend hausärztlichen (78,2 %) Praxen stattfand. Alle 3 Arme fokussierten die gleichen Infektionen, unterschieden sich aber hinsichtlich der Komponenten. Einige erfolgten in allen Armen: Qualitätszirkel (QZ) für Ärzte mit datenbasierten Feedback, E-Learning, ergebnisabhängige Vergütung sowie Öffentlichkeitskampagnen (u.a. Social Media, Influencer). Zusätzliche Komponenten (Einbinden des Praxisteams, interdiszipl./sekt.übergr. QZ, IT-basierte Entscheidungsunterstützung) erfolgten nur in den Armen 2 bzw. 3. Es wurden 4 Quartale vor 2016q3-2017q2) mit 4 nach Intervention (2018q3-2019q2) und mit der Regelversorgung (RV) anhand von Abrechnungsdaten (§§ 295, 300, 301 SGB V) evaluiert. Zudem wurden Befragungen, Interviews und Fokusgruppen durchgeführt.

Ergebnisse: Das primäre Outcome fokussiert die Senkung der Verordnungsrate von Antibiotika bei bestimmten unkomplizierten Infektionen, die oft vorkommen und bei denen i.d.R. keine Antibiose erforderlich ist. In allen 3 Armen ist prä-post ein signifikanter Verordnungsrückgang zu beobachten (Arm 1: OR=0,523 95%CI=[0,485; 0,563], p<0,001; Arm 2: OR=0,547 95%CI=[0,493; 0,607], p<0,001; Arm 3: OR=0,519 95%CI=[0,467; 0,576], p<0,001). Zwischen den 3 Armen konnte kein Unterschied beobachtet werden, jedoch im Vergleich zur Regelversorgung (Arm 1 vs. RV: OR=0,695 95%CI=[0,672; 0,717]; Arm 2 vs. RV: OR=0,641 95%CI=[0,613; 0,67]; Arm 3 vs. RV: OR=0,796 95%CI=[0,76; 0,833]). Verantwortlich dafür ist ein Bündel von Interventionskomponenten, die sich an Ärzte und Öffentlichkeit wendeten. Weitere Komponenten von Arm 2 und Arm 3 führten nicht zu einer zusätzlichen Verbesserung der Versorgungsqualität.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen eine hohe Wirksamkeit von QZs mit datengestütztem Feedback insbesondere im hausärztlichen Bereich. E-Learning und zielgruppenadaptierte Öffentlichkeitskampagnen (z.B. Social Media) wirken unterstützend. Zusätzliche Interventionen haben keinen höheren Effekt gezeigt.

Praktische Implikationen: Wenn geeignete Maßnahmen eingeleitet werden, kann der Antibiotika-Verbrauch bei unkomplizierten Infektionen im ambulanten Bereich weiter gesenkt werden.

Appell für die Praxis: Evidenzbasiertes Material für die ärztliche Fortbildung zentral vorhalten, regionales Verbrauchsmonitoring einführen, Information der Öffentlichkeit (Social Media, Influencer usw.) zielgruppenspezifisch umsetzen, Materialien für regionale Öffentlichkeitskampagnen zentral bereitstellen.