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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Pflegende Angehörige und ihre Unterstützung durch Hausärztinnen und Hausärzte

Meeting Abstract

  • Susanne Schnitzer - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
  • Adelheid Kuhlmey - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
  • Fabian Engelmann - Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Geschäftsbereich Sicherstellung und Versorgungsstruktur, Abteilung Versorgungsstruktur, Berlin, Deutschland
  • Andrea Budnick - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf077

doi: 10.3205/21dkvf077, urn:nbn:de:0183-21dkvf0770

Published: September 27, 2021

© 2021 Schnitzer et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Schätzungsweise fünf Millionen Menschen in Deutschland pflegen Angehörige im häuslichen Umfeld. Die Folgen der informellen Pflegearbeit für die Gesundheit sind vielseitig und umfassen neben allgemeinen Erschöpfungszuständen, Defiziten in der Schlafqualität oder Rückenschmerzen häufig auch psychische Belastungen. Hausärzte sind für Pflegende wichtige Ansprechpartner sowie Beratungsinstanz.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, mögliche Ungleichheiten zwischen pflegenden Angehörigen und ihren soziodemografischen Merkmalen hinsichtlich der Unterstützung durch ihren Hausarzt zu ermitteln.

Methode: Die Ergebnisse basieren auf einer Teilstichprobe mit 355 pflegenden Angehörigen, die aus den Daten einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage des Jahres 2020 gezogen wurde (N=2.036). Die statistischen Analysen erfolgten anhand multipler logistischer Regressionen. Pflegende Angehörige wurden gefragt, ob sie mit ihrem Hausarzt über ihre Pflegesituation gesprochen haben und ob dieser sie dann auch unterstützt hat.

Ergebnisse: Von den Pflegenden waren 68,5% im letzten Jahr vor der Befragung beim Hausarzt, wobei der Großteil diesen ein bis fünfmal konsultierte (75,9%). Rund drei Viertel derer, die beim Hausarzt waren, sprachen mit diesem auch über ihre Pflegesituation (76,9%). Hierbei waren es in erster Linie vulnerable Gruppen wie Ältere, Pflegende mit einer schlechten Gesundheit oder einer chronischen Erkrankung, die sich an ihren Hausarzt wandten. Zudem sprachen mehr höher als niedrig Gebildete mit ihrem Hausarzt über die Pflegesituation - diese erhielten dann jedoch seltener Unterstützung von ihm. Pflegende mit einer schlechten Gesundheit wurden seltener von ihrem Hausarzt unterstützt als Pflegende mit guter Gesundheit.

Diskussion: Hausärzte sind ein wichtiger Bestandteil des Unterstützungsnetzwerkes pflegender Angehöriger. In weiteren Untersuchungen sollte vor allem das Ergebnis überprüft werden, dass pflegende Angehörige mit schlechter Gesundheit seltener Unterstützungsangebote von ihrem Hausarzt erhalten als pflegende Angehörige mit guter Gesundheit.

Praktische Implikationen: Auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse scheint es für Hausärzte weiterhin empfehlenswert, besonders Patienten und Patientinnen mit formal niedriger Bildung auf eine mögliche Pflegesituation und damit einhergehenden Belastungen anzusprechen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Hausärzte sollten noch stärker auf vulnerable Gruppen fokussieren, um die gesundheitlichen Folgen der Pflegesituation erkennen und abfedern zu können.


Literatur

1.
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Pflegende Angehörige von Erwachsenen. S3-Leitlinie. DEGAM-Leitlinie Nr. 6. Berlin; 2018.
2.
Oedekoven M, Amin-Kotb K, Gellert P, Balke K, Kuhlmey A, Schnitzer S.Associations Between Informal Caregivers’ Burden and Educational Level. GeroPsych. 2019;32(1):19–29.