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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Angehörigenbefragung im Innovationsfonds-Projekt „Neurologisch-psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung“ (NPPV)

Meeting Abstract

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  • Johannes Pollmanns - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Stabsstelle Gesundheitspolitik regional und Versorgungsprojekte, Düsseldorf, Deutschland
  • Franziska Sophia Miegel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Hamburg, Deutschland
  • Steffen Moritz - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Hamburg, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf076

doi: 10.3205/21dkvf076, urn:nbn:de:0183-21dkvf0769

Published: September 27, 2021

© 2021 Pollmanns et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Das Projekt „Neurologisch-psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung“ (NPPV) hat das Ziel, die Behandlung von Patienten mit psychischen und neurologischen Erkrankungen durch eine gestufte und koordinierte Versorgung zu verbessern. Angehörige dieser Patienten sind oft in das Therapiegeschehen involviert und können dadurch psychisch belastet sein. Neben der Evaluation des Therapiekonzepts ist daher auch eine Evaluation der Angehörigen relevant, um das Therapiegeschehen zu optimieren.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Befragung ist die Erfassung der Angehörigenperspektive (subjektive Einschätzungen zum Projekt) sowie die Evaluation psychopathologischer Symptome bei Angehörigen.

Methode oder Hypothese: Bei der retrospektiven Befragung wird ein Mixed-Methods-Ansatz angewendet, bei welchem die Angehörigen an einer Online-Befragung teilnehmen. 20% der Befragten werden zudem teilstrukturiert telefonisch interviewt. In der Online-Befragung wird die subjektive Bewertung des Projekts anhand eines Selbstratings erfasst, ebenso werden weitere standardisierte Fragebögen beispielsweise zur Erfassung von Lebensqualität (WHO-QOL-BREF), Depressivität (PHQ-9) und Angst (GAD-7) verwendet. Im Telefoninterview werden das teilstrukturierte Interview von Kuhnigh et al. (2012) und offene Fragen erhoben.

Ergebnisse: Von 1.002 angerufenen Patienten haben 150 zur Teilnahme an der Evaluation eingewilligt. 58 Angehörige haben die Online-Befragung beendet. 20 Angehörige haben an den Telefoninterviews teilgenommen.

Ca. 65% der befragten Angehörigen empfinden das Projekt als nützlich und sinnvoll, über 55% der Befragten sagen, dass der Patient durch das Projekt besser mit seiner Krankheit zurechtkommt. Verbesserungsbedarf wird bei Hilfsangeboten für Angehörige gesehen. Die befragten Angehörigen weisen im Mittel eine milde depressive Symptomatik (PHQ-9: M=8.31), eine mittelmäßige Lebensqualität (WHQOL-BREF: M=3.36) und mild ausgeprägte Angstsymptomatik (GAD-7: M=7.83) auf.

In den teilstrukturierten telefonischen Interviews wurden insbesondere die Reduktion krankheitsbezogener Symptome und depressiver Gefühle sowie die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und allgemeinen Zufriedenheit als Therapieziele genannt, die durch NPPV eher erreicht wurden. Diese Ziele wurden auch als besonders wichtig bewertet. Eher nicht erreicht wurde das Ziel der Wiederaufnahme der Arbeit.

Diskussion: Die subjektive Bewertung des Projekts durch die Angehörigen war überwiegend positiv, zudem werden aus Angehörigensicht wichtige Therapieziele erreicht. Psychopathologische Symptome liegen bei Angehörigen im milden Bereich.

Praktische Implikationen: Das NPPV-Projekt trägt dazu bei, die Belastung der Angehörigen durch die Erkrankung des Patienten auf einem moderaten Niveau zu halten. Begleitung, Motivation und Unterstützung der Patienten durch Angehörige sollten durch das NPPV-Projekt stärker unterstützt werden.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Bei koordinierten Versorgungsmodellen für psychische und neurologische Erkrankungen sollte die Angehörigenperspektive stets einbezogen werden.