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Multiple Sklerose – Patientenorientierte Versorgung in Niedersachsen (MS-PoV)
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Published: | September 27, 2021 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Multiple Sklerose (MS) ist mit mehr als 220.000 Erkrankten in Deutschland die häufigste autoimmune, entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die jährliche Inzidenz liegt bei etwa 18/100.000 GKV-Versicherte. MS führt in der Mehrheit der Fälle zu schweren körperlichen, kognitiven und emotionalen Beeinträchtigungen und oft zu vorzeitigen Berentungen. Die Manifestation erfolgt häufig im Alter von 20–40 Jahren und beginnt bei 80% der Erkrankten mit einem schubförmigen Verlauf. Bei 7–10% aller Erkrankten verläuft die MS kontinuierlich progredient. Die von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie herausgegebene Leitlinie setzt evidenzbasierte Qualitätsstandards auch für die ambulante, tagesklinische sowie stationäre Versorgung. Unklar ist jedoch, ob die reale Versorgungssituation von MS-Erkrankten in Niedersachsen den Anforderungen der Leitlinie entspricht. Zudem ist anzunehmen, dass die Leitlinie um weitere versorgungsrelevante Themen ergänzt werden sollte. Bislang ist z.B. die Hilfsmittelversorgung noch nicht hinreichend berücksichtigt, obwohl im Rahmen einer Befragung etwa 35% der MS-Erkrankten berichteten, im vorangegangen Jahr mindestens ein Hilfsmittel erhalten zu haben.
Fragestellung und Zielsetzung: Die primären Ziele des durch Patientenvertreter und eine gesetzliche Krankenkasse (Kostenträger) gemeinsam initiierten Projektes sind a) zu untersuchen, wie gut die Versorgung von MS-Erkrankten in Niedersachsen gelingt und b) ein bedarfsgerechtes patientenorientiertes Versorgungsmodell zu entwickeln. Das Projekt gliedert sich in zwei Abschnitte: Die Analyse der Gesamt- und die der Hilfsmittelversorgung. Im Kern werden drei Fragen untersucht:
- 1.
- Wie stellt sich die Versorgungssituation von MS-Erkrankten in Niedersachsen tatsächlich dar?
- 2.
- Wie sollte diese ausgestaltet sein?
- 3.
- Wie nehmen die MS-Erkrankten ihre Versorgungssituation subjektiv wahr?
Durch die Gegenüberstellung der aktuellen Versorgungssituation mit den Bedarfen und Bedürfnissen der MS-Erkrankten werden Defizite in der Gesamt- und Hilfsmittelversorgung aufgezeigt und Hinweise gegeben, wie sich unterschiedliche Einflussfaktoren auf patientenrelevante Endpunkte auswirken. Die Analysefokusse des Projektes liegen auf regionalen Unterschieden sowie dem Vergleich von unterschiedlichen Subgruppen (u.a. Formen und Schweregrade der MS).
Methode: In dieser Mixed-Methods-Studie werden nach erfolgten Literaturrecherchen qualitative und quantitative Daten erhoben. Eingeschlossen werden erwachsene MS-Erkrankte mit Wohnsitz in Niedersachsen, die bei dem Kostenträger versichert sind. Der qualitative Teil umfasst Fokusgruppen mit Erkrankten, Ärzten und am Versorgungsprozess Beteiligten sowie eine Zukunftswerkstatt. Im quantitativen Teil wird eine Online-Befragung der Erkrankten (u.a. Bedürfnisse an das Versorgungssystem) durchgeführt. Außerdem werden die Routinedaten des Kostenträgers (u.a. Leistungsinanspruchnahme) und die MS-Registerdaten (u.a. Symptomlast) analysiert. Eine Verknüpfung dieser drei quantitativen Datensätze erfolgt pseudonymisiert.