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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Teilnehmende Beobachtungen in der Versorgungsforschung – Herausforderungen bei der Entwicklung eines Beobachtungsinstrumentes

Meeting Abstract

  • Jana Stucke - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Christine Thienel - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Cornelia Weiß - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Martina Fier - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Thorsten Meyer - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf071

doi: 10.3205/21dkvf071, urn:nbn:de:0183-21dkvf0717

Published: September 27, 2021

© 2021 Stucke et al.
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Hintergrund/Fragestellung/Problem: Die medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung wird trotz der 2009 in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention weiterhin als defizitär beschrieben [1]. Seit 2015 besteht die Möglichkeit Medizinische Zentren für Erwachsene mit geistigen oder mehrfachen Behinderungen (MZEB) zur Versorgung zu ermächtigen. Bisher ist unklar, welche Rolle diese im Versorgungsprozess einnehmen. In der mixed-method-Studie MeZEB werden Arbeitsabläufe in zwei MZEB durch Teilnehmende Beobachtungen (TB) dokumentiert und analysiert. Dieser Beitrag fokussiert die Beobachtungsstudie im Hinblick auf Herausforderungen bei der Entwicklung eines Beobachtungsinstrumentes.

Begleitet wurden Mitarbeiter*innen und Patient*innen bei verschiedenen Terminen im MZEB. Dabei wurde auf Mitschnitte und Mitschriften verzichtet und erst im Anschluss Beobachtungsprotokolle erstellt. Hierfür wurde ein Beobachtungsleitfaden entwickelt. Dieser war zunächst stark vorstrukturiert und erwies sich für die Dokumentation als nicht praktikabel. Das Zuordnen des Beobachteten glich bereits während der Dokumentation einer Kategorisierung und führte zu einer starken Fokussierung zulasten der Offenheit, welche das zentrale Element der Methode darstellt. Dennoch erschien es wichtig, den Beobachtungsfokus an der Forschungsfrage auszurichten, um nicht von den Eindrücken des Feldes überwältigt zu werden. Daher stellte sich die Frage, wie eine strukturierte Dokumentation realisiert werden kann, die sowohl einen Orientierungsrahmen als auch die notwendige Offenheit bietet.

Lösungen und Lösungsvorschläge: Statt einer strukturierten erwies sich die chronologische Dokumentation des Beobachteten als geeignet. Die Sequenzialität blieb auf diese Weise erhalten. Um den Beobachtenden einen Orientierungsrahmen zu bieten, wurden thematische Beobachtungsdimensionen entwickelt [2]. Diese wurden aus den Forschungsfragen sowie der Auseinandersetzung mit ersten Ergebnissen der Interviewstudie des Projektes abgeleitet und unterstützten die Dokumentation. Sie wurden in einem iterativen Prozess induktiv erweitert und ermöglichten es, zunächst offen ins Feld zu gehen und im Verlauf zunehmend selektiv und fokussiert ausgewählte Aspekte zu beobachten.

Schlussfolgerung/Diskussion/Lessons Learned: Zentral bei der Konzeption eines Beobachtungsinstrumentes ist die Gegenstandsangemessenheit. Je nach Forschungsinteresse und Intention der TB, kann dieses mehr oder weniger strukturierend gestaltet sein und muss erprobt, kritisch reflektiert und sukzessiv adaptiert werden. Nur wenn das Instrument so konzipiert ist, dass es sowohl an die Forschungsbedarfe und Möglichkeiten der Beobachtenden anpassbar, als auch mit den weiteren methodischen Zugängen kompatibel ist, kann es der anspruchsvollen Datenerhebung im Rahmen einer TB dienen.


Literatur

1.
Engels D, Engel H, Schmitz A. Zweiter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen. Teilhabe - Beeinträchtigung - Behinderung. Bonn: BMAS; 2016.
2.
Breidenstein G, Hirschauer S, Kalthoff H, Nieswand B. Ethnografie: Die Praxis der Feldforschung. München: UTB GmbH; 2020.