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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Soziale Unterschiede in der zahnmedizinischen Inanspruchnahme bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland – Bundesweite Ergebnisse aus KiGGS und GEDA

Meeting Abstract

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  • Laura Krause - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Deutschland
  • Jens Hoebel - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Deutschland
  • Stefanie Seeling - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf061

doi: 10.3205/21dkvf061, urn:nbn:de:0183-21dkvf0617

Published: September 27, 2021

© 2021 Krause et al.
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Hintergrund und Zielsetzung: Die regelmäßige Vorstellung in einer zahnmedizinischen Praxis trägt dazu bei, dass Fehlstellungen und Erkrankungen der Zähne und des Zahnhalteapparates frühzeitig erkannt und geeignete Maßnahmen eingeleitet werden können. Bislang gibt es wenig Literatur zu sozialen Unterschieden in der Inanspruchnahme zahnmedizinischer Leistungen in Deutschland. Ziel dieser Analyse ist, soziale Unterschiede in der zahnmedizinischen Inanspruchnahme bei Personen aller Altersgruppen in Deutschland detailliert zu untersuchen.

Methoden: Datenbasis ist die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2, 2014–2017, n=13.568 ab 3 Jahre) und die Studie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA 2019/2020-EHIS, n=22.708 ab 18 Jahre). Aus beiden Erhebungen liegen Selbstangaben der Teilnehmenden bzw. Sorgeberechtigten zur 12-Monats-Prävalenz der zahnmedizinischen Inanspruchnahme vor. Ausgewiesen wird der Anteil der Personen, die sich im letzten Jahr vor der Befragung in einer zahnmedizinischen Praxis vorgestellt haben. Dabei werden Unterschiede nach elterlicher Bildung (Kinder und Jugendliche) bzw. eigener Bildung (Erwachsene) aufgezeigt. Im Vortrag werden weitere Ungleichheitsindikatoren wie Einkommen und sozioökonomischer Status dargestellt.

Ergebnisse: Mit jeweils knapp über 80% hat ein Großteil der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen im Jahr vor der Befragung zahnmedizinische Leistungen in Anspruch genommen (KiGGS: 82,9%; GEDA: 82,3%). Im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen der mittleren (84,4%) und hohen Bildungsgruppe (85,0%) haben Gleichaltrige der niedrigen Bildungsgruppe (68,6%) seltener in den letzten 12 Monaten zahnmedizinische Leistungen wahrgenommen. Ausgeprägte Bildungsunterschiede finden sich auch im Erwachsenenalter: Personen mit hoher Bildung (87,0%) stellen sich häufiger innerhalb eines Jahres in einer zahnmedizinischen Praxis vor als Personen mit mittlerer Bildung (82,3%), die wiederum häufiger innerhalb eines Jahres eine zahnmedizinische Praxis aufsuchen als Personen mit niedriger Bildung (75,5%). Regressionsergebnisse aus log-Binominal-Modellen zeigen, dass die Unterschiede zwischen der hohen und niedrigen Bildungsgruppe bei Kontrolle für Alter und Geschlecht in beiden Studien statistisch signifikant sind (Prevalence Ratio jeweils: 1,2; p<0,001).

Diskussion und praktische Implikation: Ein Großteil der Wohnbevölkerung in Deutschland nimmt innerhalb eines Jahres zahnmedizinische Leistungen in Anspruch. Dabei verweisen die Ergebnisse auf deutliche Bildungsunterschiede mit höherer Inanspruchnahme durch Kinder, Jugendliche und Erwachsene der hohen Bildungsgruppe. Eine höhere Inanspruchnahme durch sozial bessergestellte Personengruppen ist auch für Facharztrichtungen wie Gynäkologie und Dermatologie bekannt, die wie die Zahnmedizin auch präventiv ausgerichtet sind. Laut Literatur finden es Personen mit niedriger Bildung schwerer zu beurteilen, welche Vorsorgeuntersuchungen sie wahrnehmen sollten. Die Mundgesundheitskompetenz von Personen mit niedriger Bildung sollte deshalb zielgruppengerecht gestärkt und das Wissen über zahnmedizinische (Vorsorge-)Leistungen verbessert werden.