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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Barrieren und Förderfaktoren von gehörlosen Menschen im Zugang zu ambulanter ärztlicher Versorgung in einer Stadt in Deutschland: Eine qualitative Studie

Meeting Abstract

  • Leonie Horn - Medizinische Fakultät Heidelberg, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Lukas Kühn - Medizinische Fakultät Heidelberg, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Sarah Hellwig - Medizinische Fakultät Heidelberg, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Carolin Anders - Medizinische Fakultät Heidelberg, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Regina Poß-Doering - Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf465

doi: 10.3205/20dkvf465, urn:nbn:de:0183-20dkvf4650

Published: September 25, 2020

© 2020 Horn et al.
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Text

Hintergrund und Stand nationaler Forschung: Die Global Burden of Disease Studie ordnet den Zugang zu Gesundheitsversorgung in Deutschland als einen der Besten ein [1]. Dies kann auf vulnerable Gruppen wie gehörlose Menschen (GM) nicht gleichermaßen übertragen werden: Schätzungen zufolge leben etwa 80.000 GM in Deutschland, die in Forschungsvorhaben, welche den Zugang zur Gesundheitsversorgung untersuchen, unterrepräsentiert sind [2]. Daher ist der Forschungsstand zu Barrieren und Förderfaktoren im Zugang zu ambulanter Gesundheitsversorgung von gehörlosen Menschen in Deutschland lückenhaft.

Fragestellung und Zielsetzung: Welche Barrieren und Förderfaktoren ergeben sich für gehörlose Menschen im Zugang zur ambulanten Gesundheitsversorgung?

Methode: Es wurden Daten in leitfadengestützten, semistrukturierten Interviews mit GM generiert. Um die subjektive Erfahrens- und Lebenswelt möglichst genau zu erfassen, wurde dazu die Unterstützung einer entsprechend qualifizierten Kommunikationsassistentin genutzt. Die Auswertung der Daten erfolgte über eine Framework Analyse auf Basis des Theoretical Domains Frameworks und wurde durch induktive Kategorienbildung ergänzt. Kernaussagen wurden im Konsensverfahren in Barrieren und Förderfaktoren eingeteilt.

Ergebnisse: Es konnten Interviews mit vier GM geführt und konkrete Barrieren und Förderfaktoren von GM im Zugang zur ambulanten Gesundheitsversorgung in Deutschland identifiziert werden. Die Teilnehmenden schilderten einen eingeschränkten Zugang zur ambulanten Gesundheitsversorgung, der maßgeblich durch eine mangelnde Verfügbarkeit von Dolmetschern begründet wurde. Um funktionierende Kommunikation während einer Arztkonsultation sicherzustellen, wurde daher häufig auf Hilfspersonen aus dem privaten Umfeld zurückgegriffen. Die Befragten berichteten von als mangelhaft empfundener Empathie der Versorgenden sowie Informationsverlusten im Arztgespräch, die zu Unsicherheiten im Umgang mit der eigenen Erkrankung führten. Standen Dolmetscher zur Verfügung, so trugen sie dazu bei Unsicherheiten bei beteiligten Akteuren zu reduzieren.

Diskussion: Dolmetscher und Kommunikationsassistenten nehmen eine Schlüsselfunktion in der Arzt-Patienten Kommunikation für GM wie auch Versorgende ein. Eine rasche Vermittlung und Einbindung von qualifizierten Dolmetschern ist essenziell für den Zugang von GM zur ambulanten Versorgung und trägt dazu bei, gelingende Konsultationen zu ermöglichen. Potenzielle Beiträge, die ambulante Versorger dazu leisten können, sollen diskutiert werden.

Praktische Implikationen: Die gewonnenen Erkenntnisse können in größeren Forschungsprojekten vertieft werden, um Interventionen zu entwickeln, die für diese vulnerable Patientengruppe den Zugang zur Versorgung nachhaltig optimieren.


Literatur

1.
Barber RM, et al. Healthcare Access and Quality Index based on mortality from causes amenable to personal health care in 195 countries and territories, 1990–2015. Lancet. 2017 Jul;390(10091):231–66. DOI: 10.1016/S0140-6736(17)30818-8 External link
2.
Höcker JT. Sozialmedizinische Aspekte der medizinischen Versorgung gehörloser Menschen in Deutschland: Entwicklung und Durchführung einer internetbasierten Umfrage mit Gebärdensprachvideos. Mainz. 2010.