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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Kooperationsverträge zwischen stationären Pflegeeinrichtungen und Zahnärzten – wie gelingt die Implementierung in den Versorgungsalltag?

Meeting Abstract

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  • Elmar Ludwig - Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Stutttgart, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf410

doi: 10.3205/20dkvf410, urn:nbn:de:0183-20dkvf4109

Published: September 25, 2020

© 2020 Ludwig.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Pflegebedürftige haben heute mehr eigene Zähne, technisch aufwändigen Zahnersatz und Implantate. Gleichzeitig nehmen die Zahnarztkontakte mit zunehmender Morbidität ab. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist die Mundgesundheit Pflegebedürftiger schlechter. Seit 2014 sollen Kooperationsverträge zwischen stationären Pflegeeinrichtungen und Zahnärzten die Mundgesundheit durch Koordination der zahnärztlichen und pflegerischen Versorgung verbessern. Eine Pilotstudie konnte anhand qualitativer Interviews zeigen, dass Pflegekräfte sich hinsichtlich der Mundpflege durch die Kooperationsverträge sicherer fühlen und der Stress für die Pflegebedürftigen gemindert wird.

Die Pilotstudie identifiziert aber folgende Implementationsbarrieren:

  • Geringer Stellenwert & zu wenig Zeit für die Mundpflege.
  • Steigende Zahl demenziell veränderter Bewohner/Innen.
  • Gewährleistung des Wissenstransfers.
  • Unzureichende Information der Pflegebedürftigen über die Kooperation.
  • Fehlende konkrete Ansprechpartner auf pflegerischer Seite.
  • Fehlende Vergütung der pflegerischen Tätigkeit im Rahmen des Kooperationsvertrages.

Fragestellung und Zielsetzung: Wie lassen sich die Implementationsbarrieren der Kooperationsverträge überwinden?

Methode oder Hypothese: Lehr- & Lernmittel zur Mundpflege sowie Flyer und Formulare für einen klaren Informationsfluss wurden entwickelt und in die bestehenden Strukturen der Pflege integriert. Die Fortbildungen werden als Mentoren-Einheiten u.a. mit Schulungen direkt bei den Pflegebedürftigen durchgeführt. Ein Infoflyer wird in der Aufnahmemappe eingepflegt und ein individueller Mundpflegeplan (Pflegeampel) im Bewohnerschrank aufgehängt. Als Effektgrößen für den Erfolg der Maßnahmen werden der Mundpflegestatus im Rahmen der zahnärztlichen Kontrolluntersuchungen sowie die Betreuungsquote erhoben.

Ergebnisse: Durch die Vermittlung der notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen hat sich der Mundpflegestatus der Bewohner/Innen verbessert. Die Mentoren-Einheiten sind für den Wissenstransfer sehr gut geeignet. Durch den Informationsfluss mit Infoflyer und Formularen hat sich die Betreuungsquote stetig erhöht. Die Bausteine lassen sich mit den bestehenden Strukturen problemlos verzahnen und die Pflege nimmt das Modell sehr gut an.

Diskussion: Kooperationsverträge zwischen stationären Pflegeeinrichtungen und Zahnärzten gibt es in dieser Form bis heute nur in Deutschland, jedoch ist das Modell überall einsetzbar, wo Pflegebedürftige zunehmend eigene Zähne, technisch aufwändigen Zahnersatz oder Implantate haben.

Das Modell wird seit drei Jahren an einer Pflegeeinrichtung erfolgreich gelebt und stetig weiterentwickelt. Das Modell wurde publiziert und steht als Download im Internet zur Verfügung.

Die fehlende Vergütung der pflegerischen Tätigkeit im Rahmen des Kooperationsvertrages ist eine Implementationsbarriere, die der Gesetzgeber überwinden muss.

Praktische Implikationen: Das Modell überwindet Implementationsbarrieren von Kooperationsverträgen und trägt dazu bei, die Mundgesundheit Pflegebedürftiger in stationären Pflegeeinrichtungen zu verbessern.