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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Welche Faktoren beeinflussen die Sport- und Bewegungsfreude? Eine systematische Literaturrecherche als Impulsgeber für neue Wege in der Versorgung von übergewichtigen Kindern und Jugendlichen

Meeting Abstract

  • Constanze Greule - Abteilung für Sportmedizin, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland; Interfakultäres Forschungsinstitut für Sport und körperliche Aktivität, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Gorden Sudeck - Institut für Sportwissenschaft, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Ansgar Thiel - Institut für Sportwissenschaft, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Pia Janßen - Abteilung für Sportmedizin, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland; Interfakultäres Forschungsinstitut für Sport und körperliche Aktivität, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Lydia Kastner - Institut für Sportwissenschaft, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Andreas Nieß - Abteilung für Sportmedizin, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland; Interfakultäres Forschungsinstitut für Sport und körperliche Aktivität, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Felicitas Stuber - Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Katrin Ziser - Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Florian Junne - Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf392

doi: 10.3205/20dkvf392, urn:nbn:de:0183-20dkvf3922

Published: September 25, 2020

© 2020 Greule et al.
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Text

Hintergrund: Etwa 15% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind übergewichtig oder adipös. Dies birgt bedeutende gesundheitliche Risiken. Übergewicht resultiert u. a. aus unausgewogenen energiebezogenen Verhaltensmustern, wie z. B. mangelnder körperlicher Aktivität. Vor diesem Hintergrund ist es höchst relevant, Kinder und Jugendliche entsprechend den Bewegungsempfehlungen der WHO zu mindestens 60min moderater Bewegung pro Tag zu motivieren.

Zielsetzung: Häufig nennen Kinder und Jugendliche als einen Hauptgrund für ihre körperliche Betätigung die Freude an der Aktivität. Dies spricht dafür, emotionale Vorgänge bei der Bewegungsmotivation im Kindes- und Jugendalter stärker zu berücksichtigen. Ziel der vorliegenden systematischen Literaturrecherche war es dementsprechend, Einflussfaktoren der Sport- und Bewegungsfreude zu extrahieren, um mit dem daraus entwickelten Wissen neue Versorgungsstrukturen für übergewichtige Kinder und Jugendliche aufbauen zu können.

Methode: Es wurde eine systematische Literaturrecherche nach den PRISMA Leitlinien, in den Datenbanken PubMed, PsycINFO, SPORTDiscus, MEDLINE und BISp-Surf durchgeführt. Eingeschlossen wurden Studien mit Kindern und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren. Als abhängige Variable musste die Sport- und Bewegungsfreude auf Faktoren untersucht werden, die sie bedingen.

Ergebnisse: Mithilfe der Recherche konnten 1600 Studien identifiziert werden, von denen sich nach dem Screening 20 zum Einschluss eigneten. 15 Publikationen sind Querschnittsstudien, fünf haben ein längsschnittliches Studiendesign. Orientierend an der Publikation von Sallis, Prochaska und Taylor (2000) wurden alle Korrelate, für die mehr als 59% der eingeschlossenen Studien eine signifikant positive Assoziation feststellten, mit einem (+), bei negativer Assoziation mit einem (-) kodiert. Bei vier und mehr Studien wurde die Kodierung verdoppelt. Resultierend lassen sich 13 Korrelate konsistent mit der Sport- und Bewegungsfreude in Verbindung bringen, d. h. sie konnten in der angesprochenen Form kodiert werden. Davon gelten als sehr konsistent (++) die wahrgenommene Kompetenz, die Aufgabenorientierung, die Befriedigung der psychologischen Bedürfnisse sowie Bewegungserfahrungen und das männliche Geschlecht.

Diskussion: Unsere Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass vor allem ein individueller, psychologisch ausgerichteter Ansatz zur Förderung von Freude an Bewegung vonnöten ist. Da es sich ausschließlich um Beobachtungsstudien und eine semiquantitative Auswertung der Korrelate handelt, eignen sich die hier dargestellten Ergebnisse zwar für eine Richtungsvorgabe zur Generierung neuer Interventionsansätze. Sie müssen aber in Zukunft genau überprüft werden.

Praktische Implikationen: Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Ergebnisse dieser Recherche in kommende Versorgungsprojekte, wie beispielsweise dem neuen Verbundprojekt STARKIDS (Stufenmodell Adipositasprävention und -therapie im Kindes- und Jugendalter), miteinfließen zu lassen. Dabei können die Einflussfaktoren sowohl als Orientierungspunkte zur Festlegung von motivationalen Strategien dienen als auch innerhalb einer Interventionsstudie überprüft werden.