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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Einsatz von Künstlicher Intelligenz in zeitkritischen Versorgungsprozessen: Ein systematisches Review mit ökonomischer und organisationaler Ausrichtung

Meeting Abstract

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  • Tina Stahl - Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • Sabine Bohnet-Joschko - Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf285

doi: 10.3205/20dkvf285, urn:nbn:de:0183-20dkvf2851

Published: September 25, 2020

© 2020 Stahl et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland werden jährlich durch Unfälle im Verkehr, am Arbeitsplatz, im Haushalt oder beim Sport verletzt. Dabei kommt es nicht selten zu Schwer- und Mehrfachverletzungen. Die Versorgung von Traumapatienten ist mit besonderen Herausforderungen verbunden und zählt zu den komplexesten Aufgaben der Unfallchirurgie. Bei organisatorisch und kognitiv anspruchsvollen Aufgaben in Verbindung mit zeitkritischen Verläufen, kann Künstliche Intelligenz (KI) für eine verbesserte Versorgung oder optimierte Prozesse und auf organisationaler Ebene unterstützend eingesetzt werden.

Fragestellung und Zielsetzung: Durch ein systematisches Review sollen Big Data und KI-basierte Konzepte, Simulationen und bereits implementierte Systeme in der zeitkritischen Versorgung mit gesundheitsökonomischer oder organisationaler Perspektive identifiziert und analysiert werden.

Methode oder Hypothese: Die zwischen April und August 2019 durchgeführte Literaturdatenbankrecherche in Pub-Med, Business Source Premier und Scopus hat 761 Veröffentlichungen ermittelt. Eine ergänzende manuelle Recherche ergab 22 Publikationen. Nach Berücksichtigung definierter Ein- und Ausschlusskriterien wurden in einem ersten Analyseschritt 120 Publikationen auf Basis der Abstracts analysiert und hinsichtlich ihrer Ausrichtung, technologisch (45), medizinisch (40) sowie ökonomisch/organisational (35) eingeordnet. Daraus wurden 35 Publikationen mit ökonomischer oder organisationaler Ausrichtung in die Volltext-Analyse eingeschlossen. In einem zweiten Analyseschritt wurden final 13 Publikationen für eine qualitative Zusammenfassung berücksichtigt.

Ergebnisse: Ein Großteil der 120 Publikationen aus dem ersten Analyseschritt fokussiert die technologische Umsetzbarkeit von Big Data und KI-Modellen vor medizinischem Outcome, nur wenige nehmen Bezug auf die Effizienz und Finanzierbarkeit. Alle eingeschlossenen 13 Publikationen mit ökonomischen oder organisationalen Bezügen sind der Optimierung des Ressourcenmanagements (Ressourcenplanung, -allokation und medizinische Leistung) zuzuordnen.

Diskussion: Das systematische Review verschafft eine Übersicht über den Einsatz von Big Data und KI-Systemen in der zeitkritischen Versorgung. Ökonomische Fragen finden bisher nur wenig Berücksichtigung und Fragen der Technologieakzeptanz bei Anwendern sind in der untersuchten Literatur nicht bearbeitet. Methodisch ist zu beachten, dass das systematische Review lediglich einen Teilbereich existierender Systeme im Gesundheitswesen abdeckt und nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Praktische Implikationen: Tragfähigkeit und Akzeptanz sind wesentliche Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Big Data und KI-Systemen. Die fehlende Ausrichtung auf Themen der Kosten und Finanzierbarkeit lässt befürchten, dass die Durchsetzung von Big Data und KI-Systemen am Gesundheitsmarkt eine Herausforderung bleibt. Akzeptanzfragen müssen für eine nachhaltige Implementierung zukünftig stärker in den wissenschaftlichen Fokus rücken.