gms | German Medical Science

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Edukative Interventionskomponenten zur Förderung des bedachten Einsatzes von Antibiotika bei Atemwegsinfektionen – Erkenntnisse einer Prozessevaluation

Meeting Abstract

  • Regina Poß-Doering - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Martina Kamradt - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Lukas Kühn - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Katharina Glassen - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Petra Kaufmann-Kolle - aQua institut, Göttingen, Deutschland
  • Anja Wollny - Universitätsmedizin Rostock, Institut für Allgemeinmedizin, Rostock, Deutschland
  • Michel Wensing - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf237

doi: 10.3205/20dkvf237, urn:nbn:de:0183-20dkvf2376

Published: September 25, 2020

© 2020 Poß-Doering et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Studien zum bedachten Einsatz von Antibiotika fokussieren edukative Interventionen für Arzt, Praxis-Team und Patient. Dazu zählen papierbasierte und digitale Lösungen zur Aufklärung der Bevölkerung, Maßnahmen zur Unterstützung von Praxisteams sowie Feedback zum praxisindividuellen Verordnungsgeschehen. In einer BMG geförderten Studie wurden solche Komponenten angeboten, um Gesundheitskompetenzen zu stärken, Therapieentscheidungen zu optimieren und den Antibiotikaverbrauch bei akuten Atemwegsinfekten in der deutschen Primärversorgung nachhaltig zu verringern. Die Studie wurde durch eine Prozessevaluation begleitet.

Fragestellung und Zielsetzung: Wie wurden die edukativen Komponenten wahrgenommen und welche Perspektiven ergeben sich daraus für den reduzierten Einsatz von Antibiotika bei akuten Atemwegsinfekten?

Methode oder Hypothese: Die randomisiert-kontrollierte Studie nutzte mittels Regionalintervention in zwei Bundesländern edukative Komponenten zielgruppenadaptiert zur Erweiterung von Gesundheitskompetenz. Mit dem Ziel einer praxisinternen Prozessoptimierung wurde zudem eine Praxisteam-Intervention mit Kontrollgruppe in je 57 Hausarztpraxen durchgeführt. In der Prozessevaluation wurden Ärzte, Medizinische Fachangestellte und Patienten in semi-strukturierten Interviews zu ihren Eindrücken aus der Studienteilnahme befragt und die Daten in thematischer Inhaltsanalyse basierend auf dem Theoretical Domains Framework ausgewertet. Die schriftliche Befragung der Ärzte und Medizinischen Fachangestellten zu zwei Zeitpunkten generierte Daten zur Nutzung und Einschätzung der angebotenen Interventionskomponenten, die deskriptiv ausgewertet wurden.

Ergebnisse: An der schriftlichen Befragung nahmen 41 (T0) bzw. 31 (T1) Ärzte und 50 (T0), bzw. 32 (T1) Medizinische Fachangestellte der Interventionsgruppe teil. 16 Ärzte, 16 Patienten und 7 Medizinische Fachangestellte wurden interviewt. Vorgestellt werden Analyseergebnisse aus beiden Datenquellen zur Umsetzung der angebotenen Interventionskomponenten und zur Einschätzung des Einflusses auf den bedachten Antibiotikaeinsatz bei unkomplizierten Infekten. Die edukativen Komponenten wurden zum Teil eher zögerlich genutzt, da diverse Barrieren in den Arztpraxen bestanden. Aspekte wurden benannt, die Angemessenheit von Ort und Zeit der Informationsbereitstellung, Hygiene, Praxisabläufe, eigene Medienkompetenz und patientenabhängige Faktoren betrafen.

Diskussion: Der Einsatz edukativer Komponenten in und außerhalb von Arztpraxen zur nachhaltigen Verbesserung von Gesundheitskompetenz, optimierten Therapieentscheidungen und einem bedachten Antibiotika-Einsatz wird in Relation zu Ergebnissen internationaler Studien diskutiert.

Praktische Implikationen: Barrieren, die die Nutzung edukativer Komponenten erschweren, müssen bei Interventionsplanung bereits fokussiert werden, um Übertragbarkeit in die Regelversorgung zu ermöglichen.