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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Die Bayerische Wirkstoffvereinbarung – ein Vorher-Nachher- bzw. Parallel-Vergleich

Meeting Abstract

  • Dominika Franiel - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Maike Schulz - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Dominik von Stillfried - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Norbert Donner-Banzhoff - Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Jullia Muth - Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Julia Gollnik - Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Franziska Hörbrand - Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Deutschland
  • Wolfgang Langheinrich - Kassenärztliche Vereinigung Hessen, Frankfurt

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf234

doi: 10.3205/20dkvf234, urn:nbn:de:0183-20dkvf2347

Published: September 25, 2020

© 2020 Franiel et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Verordnung von Arzneimitteln durch ambulant tätige Vertragsärzte unterliegt dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V. Wie die Einhaltung dieses Gebotes gerecht zu prüfen ist, hat in den letzten Jahren regelhaft für Diskussionen gesorgt, die auch durch die Möglichkeit des Abschlusses regionaler Prüfvereinbarungen noch nicht beendet sind. Eine dieser neu entstandenen Vereinbarungen ist die Bayerische Wirkstoffvereinbarung, die den Fokus auf die Verordnungssteuerung, anstelle einer Prüfung hinsichtlich durchschnittlicher Verordnungskosten legt.

Fragestellung und Zielsetzung: Die Bayerische Wirkstoffvereinbarung folgt dem Gedanken „Steuerung vor Prüfung“. Eine für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit entscheidende Frage ist, ob die Steuerung wirkt, d.h. ein nicht morbiditäts- oder innovationsgetriebener Anstieg der Verordnungskosten verhindert und die Versorgungsqualität erhalten werden kann. Um diese Frage zu beantworten, wird einerseits die Verordnungssituation in Bayern vor und nach Einführung der Wirkstoffvereinbarung analysiert (Längsschnittvergleich) und andererseits ein Vergleich Bayerns zum KV-Gebiet Hessen durchgeführt (Querschnittsvergleich).

Methode oder Hypothese: Die Datenbasis bilden die Arzneiverordnungsdaten nach § 300 SGB V und die ambulanten Versorgungsdaten nach § 297 SGB V der Jahre 2010–2016, wobei nur Ärzte berücksichtigt werden, deren Daten über den Gesamtzeitraum vorliegen. Sowohl für den längs- als auch querschnittlichen Vergleich erfolgte die Festlegung monetärer und qualitativer Indikatoren, welche zunächst mithilfe des gepaarten t-Tests für die Jahre 2010, 2013 und 2016 verglichen wurden. Um statistisch belastbare Aussagen zur Wirksamkeit der Wirkstoffvereinbarung treffen zu können, wird ein Strukturbruchmodell erstellt.

Ergebnisse: Im Quervergleich weisen die Ergebnisse der Tests für verbundene Stichproben darauf hin, dass vor allem in den von der KV Bayerns gesteuerten Bereichen signifikante Änderungen vorliegen, die auch im Vergleich höher als in Hessen ausfallen. Die Indikatoren zur Verordnungskostenentwicklung weisen keine Unterschiede zwischen Hessen, Bayern und dem Bund auf. Auch im Längsschnittvergleich können bei der Verordnungskostenentwicklung keine signifikanten Änderungen identifiziert werden. Dagegen können in den gesteuerten Bereichen Generika und DOAKs in Bayern – im Gegensatz zu Hessen – signifikante Änderungen nachgewiesen werden.

Diskussion: Die Ergebnisse legen nahe, dass eine gute Steuerung des vertragsärztlichen Verordnungsverhaltens keiner konkreten monetären Ziele bedarf. Das bedeutet, auch wenn die Kosten nicht mehr zentrales Element der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind, führt dies nicht zu einem übermäßigen Anstieg selbiger. Vielmehr zeigt sich, dass eine qualitätsorientierte Steuerung wirkt: In den betrachteten gesteuerten Bereichen ist in Bayern eine Veränderung aufgrund der Einführung der Wirkstoffvereinbarung messbar.

Praktische Implikationen: Die Sicherstellung wirtschaftlichen Verordnungsverhaltens bedarf keiner expliziten Kostenkomponente. Der Fokus auf die Verordnungsqualität hingegen scheint ein zielführender Ansatz zu sein.